Offshore-Windräder in der Ostsee mit eingeblendeter Schlagzeile „Giftige Windräder“

Da stehen also die Kathedralen der Energiewende in der Nordsee – und sondern neben Strom auch noch 228 verschiedene Chemikalien ab. Aluminium, Zink, ein bisschen Blei, Nickel und, ach ja, Quecksilber ist auch dabei. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie hat das fein säuberlich in einer Studie aufgelistet. 62 der Stoffe gelten sogar offiziell als „umweltrelevant“. Ein hübsches Wort für das, was man früher schlicht „schädlich“ genannt hätte.

Bevor jetzt jemand Panik bekommt: „giftig“ sind die Stoffe nicht alle, zumindest nicht im engeren, juristisch wasserdichten Sinn. Manche sind „potenziell toxisch“, „schwer abbaubar“ oder „bioakkumulierend“. Klingt harmlos – bis man den Fisch aus der Nordsee auf dem Teller hat.

Und wie reagiert die Bundesregierung? Genau wie beim Mobilfunk: Man macht einfach weiter. Die Ausbauziele bleiben, die Ministerien verweisen auf Prüfkriterien, die angeblich schon alles regeln. Medien berichten, dass es dazu keine ernsthafte Stellungnahme gibt – außer dem Mantra: „Die Energiewende duldet keinen Aufschub.“ Das ist ungefähr so tröstlich, wie wenn ein Raucher erklärt, die Lunge regeneriere sich ja von selbst.

Die entscheidende Frage, wie viel von diesen Stoffen tatsächlich ins Meer gelangt, bleibt unbeantwortet. Zufall? Oder will man es vielleicht gar nicht so genau wissen? Schließlich könnte eine ehrliche Antwort die grüne Hochglanzbroschüre ruinieren.

So drehen sich die Windräder weiter, nicht nur im Sturm, sondern auch in der politischen Argumentation: bloß nicht zu tief bohren, es könnte unappetitlich werden.

Die Hitze wird immer unerträglicher – sind Windenergieparks die Lösung?

Seit über 35 Jahren beschäftigt sich der aus Costa Rica stammende Klimatologe und Wetterhistoriker Maximiliano Herrera mit der Entwicklung der Temperaturen auf unserem Planeten, wobei er einen besonderen Fokus auf die Extremtemperaturen legt. Inzwischen ist er bekannt „wie ein bunter Hund“, könnte man sagen, denn mehr als 100.000 Abonnenten verfolgen Herreras Account @extremetemps auf dem Kurznachrichtendienst X.

Wenngleich es Mitte Januar 2024 in Deutschland so frostig war, dass hierzulande kaum jemand ein Problem in der Erderwärmung zu erkennen vermochte, hält Herrera einen erneuten deutschen Hitzerekord im Sommer 2024 für mehr als wahrscheinlich. Wenn wir über „Extremtemperaturen“ reden, sollten wir zuallererst zur Kenntnis nehmen, dass es praktisch täglich Tausende von Wärmerekorden gibt, aber nur sehr selten Kälterekorde.

Solche beängstigenden Zahlen sind es, die Herrera zurzeit dazu veranlassen, oftmals 20 Stunden pro Tag zu arbeiten. Seine Hoffnung liegt auf La Niña, die aller Voraussicht nach dazu führen wird, dass sich die globalen Temperaturanomalien wieder etwas abschwächen. Zur Erinnerung: Bei dem pazifischen Klimamuster El Niño verdrängen relativ warme Wassermassen die kälteren, wodurch sich das Oberflächenwasser und somit auch die Atmosphäre erwärmen. Während einer La Niña Phase passiert genau das Gegenteil. Ab Juni 2024 sollte sich eine solche Szene einstellen.

Ungefähr im Frühjahr 2023 hatte parallel zur menschengemachten Klimaerwärmung wie erwartet die warme Phase El Niño begonnen. Im Ergebnis verzeichneten wir in allen großen Ozeanen und Meeren Temperaturrekorde, die alle Vorhersagen und Modellrechnungen übertrafen. In Deutschland wurde am 6. April 2024 eine Temperatur von etwas über 30 Grad Celsius erreicht, so warm war es noch nie so früh im Jahr.

Im Juli 2019 wurde in Duisburg-Baerl und Tönisvorst westlich von Krefeld der bisherige deutsche Temperaturrekord von 41,2 Grad Celsius gemessen. Ob solche Werte auch 2024 wieder möglich sind, ist eine Frage des Wetters, aber nicht des Klimas. Innerhalb eines eher kühlen Sommers kann es durchaus zu einer Periode mit Rekordhitze kommen, während selbige in einem insgesamt sehr heißen Sommer ausbleiben kann.

Insgesamt gesehen steigt aber die Wahrscheinlichkeit von Extremereignissen sogleich um ein Vielfaches aufgrund der höheren globalen Temperaturen. Allein die Tropen zeichnen sich durch eine geringere Schwankungsbreite aus, sodass das Wetterphänomen El Niño dort nicht so große Auswirkungen zeigt.

Die Messwerte und deren Entwicklung in den letzten Jahren sind geradezu überwältigend. Dies führt bei vielen Menschen zu großer Unsicherheit, was nicht selten Hass gegen Menschen wie Maximiliano Herrera erzeugt, die doch eigentlich nur ganz neutral und nicht wertend Zahlen und Statistiken zur Kenntnis geben. Jeden Tag fallen irgendwo auf der Welt die bisherigen Rekorde. Hoffen wir jetzt also auf die kühle La Niña.

Lässt sich die fatale Klimaentwicklung durch die energiepolitische Transformation noch aufhalten oder gar umkehren?

Ein beliebtes Mittel der Wahl für die energiepolitische Transformation ist ja die Aufstellung von Windenergieanlagen (WEA), möglichst gleich in ganzen Parks organisiert, vorzugsweise sogar offshore. Deren Produktion und Transport, die Installationsarbeiten an Land oder auf dem Schelfbereich und später der Rückbau, Abtransport und die Weiterverwertung oder Entsorgung des komplexen Materialien-Cocktails werfen zu Recht die Frage auf, ob sich dieser „grüne Strom“, der damit produziert worden ist, am Ende überhaupt als so klimafreundlich erweist oder erweisen kann.

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Eine kritische Bilanz über die Windenergie

Die Windenergie wird schon lange geradezu einvernehmlich als der vielversprechendste Ansatz für die Energiewende betrachtet. Windparks, insbesondere Offshore-Anlagen, so die einhellige Meinung, leisten einen ganz wesentlichen Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasen. Doch um die tatsächliche Klimafreundlichkeit dieser Technologie beurteilen zu können, muss der gesamte „Lebenszyklus“ von Windenergieanlagen kritisch betrachtet werden, und zwar von der Produktion über den Betrieb bis hin zur Entsorgung.

Produktion und Betrieb von Windenergieanlagen

Die Herstellung der vielen verschiedenen Komponenten einer WEA ist wahrlich energie- und ressourcenintensiv. Die Turbinen, Rotorblätter und Türme bestehen aus Stahl, Kupfer, seltenen Erden und glasfaserverstärkten Kunststoffen. Die Produktion all dieser Materialien ist mit erheblichen CO₂-Emissionen verbunden, was gerade bei der Stahlherstellung sehr deutlich wird. Seltene Erden, die für Permanentmagnete in Generatoren benötigt werden, werden oft unter umweltschädlichen Bedingungen und nicht selten unter hochgradig gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen abgebaut und verarbeitet.

Zudem müssen die schweren, riesigen Komponenten der WEA oftmals über weite Strecken als Schwertransport gesichert verfrachtet werden, was zusätzlich große Mengen fossiler Brennstoffe verbraucht und Emissionen verursacht. Außerdem ist das Ganze auch eine logistische Herausforderung. Der Transport auf dem Seeweg, der für Offshore-Anlagen unumgänglich ist, erfordert spezialisierte Schiffe und Hebezeuge, deren Bau im Vorfeld in Auftrag gegeben werden muss.

Gerade die Installation von Offshore-Windparks ist technisch höchst anspruchsvoll, da in dem weichen Untergrund in größerer Wassertiefe zunächst massive Fundamente mit schnell abbindendem Zement hergestellt werden müssen. Im Verein mit dem Einsatz schwimmender Spezialkräne ist das alles extrem kosten- und energieintensiv.

Während ihrer Betriebszeit sind Offshore-Anlagen ständig extremen Wetterbedingungen ausgesetzt, was eine aufwendige regelmäßige Wartung durch Spezialisten bei besonders kurzen Wartungsintervallen erfordert. Werden alle Voraussetzungen gut erfüllt, können uns derartige Windparks in der Tat mit viel „grünem Strom“ versorgen. Ein paar Kennzahlen dazu werden im nächsten Abschnitt angeführt. Aber wie geht es eigentlich weiter mit der vielen elektrischen Energie aus dem Wind?

Um die Elektrizität zu den Verbrauchern irgendwo in Deutschland und angrenzenden Regionen zu bringen, bedarf es eines ausreichend dimensionierten Verteilernetzes, das in großen Teilen erst neu gebaut werden muss. Sie können aber kein Vorhaben einfach so durchpeitschen. Egal, ob Sie sich für Hochspannungsmasten oder Erdkabeltrassen entscheiden, überall sprießen Bürgerinitiativen wie Pilze aus dem Boden, die immer gegen alles sind und allerorts die Gerichte um einstweilige Verfügungen bemühen. Im Ergebnis „ersticken“ die leistungsstarken Offshore-Anlagen an ihrer eigenen Energiedichte, die sie gar nicht abführen können.

Betrachten wir die Leistungen moderner Anlagen

Moderne Onshore-Windenergieanlagen liefern typischerweise Leistungen von zwei bis fünf Megawatt (MW). Gemeint ist hier immer eine sogenannte (Dauer)Nennleistung, die sich theoretisch bei einer strammen, konstanten Windströmung von zehn Metern pro Sekunde (36 Stundenkilometer) ergibt. Die Nabenhöhen dieser Anlagen befinden sich in der Regel in einer Höhe von 80 bis 150 Meter, wobei die Durchmesser der Rotorblätter zwischen 100 und 150 Meter angesiedelt sind.

Mitnichten kann jeder eine solche Anlage in jedem Kleingarten aufstellen. Wie nicht anders zu erwarten, gibt es gerade in Deutschland eine Flut von Gesetzen, Verordnungen und Bestimmungen (also Verboten), die bestimmte Mindestabstände der WEA zu Ortschaften, Straßen und Autobahnen, Flugplätzen und anderen Infrastruktureinrichtungen oder gar zu Vogelnestern vorschreiben.

Trägt man all diese Beschränkungen in eine Landkarte ein, bleibt noch eine Handvoll kleiner Fleckchen übrig, wo man rein rechtlich noch eine WEA aufstellen könnte. Ob das dann auch ein ergiebiger Windstandort ist, spielt in Deutschland eine völlig untergeordnete Rolle.

Kommen wir nun zu den Offshore-Anlagen. Bei ihnen rangieren die Leistungen heute bei Nabenhöhen von 100 bis 130 Meter zwischen sechs und zwölf Megawatt, können aber auch mal 15 Megawatt erreichen.

Die Durchmesser der Rotorblätter messen hier 150 bis 220 Meter. Eine der leistungsstärksten Offshore-Turbinen ist die GE Haliade-X (14 MW). Die Siemens Gamesa SG 14-222 DD erreicht sogar 15 MW und die Vestas V150-4.2 MW ist mit einem Rotorblattdurchmesser von 150 Metern ausgestattet.

Rückbau und Entsorgung

Nach ungefähr 25 bis 30 Jahren erreichen Windenergieanlagen das Ende ihrer Lebensdauer. Der Rückbau dieser Anlagen ist komplex und aufwendig. Viele der Materialien können recycelt werden, allerdings ist dies nicht immer wirtschaftlich. Der Transport der ausgedienten Teile zum Recycling- oder Entsorgungsstandort erfordert erneut einen erheblichen Energie-Aufwand und verursacht viele Emissionen. Beispielsweise sind die Rotorblätter aus Verbundwerkstoffen schwer zu recyceln und enden daher oft auf Deponien.

Die CO₂-Bilanz von Windenergieanlagen

In vielen Gefälligkeitsgutachten, die die politisch forcierte Energiewende mit sich brachte, wurde „nachgewiesen“, dass Windkraftanlagen über ihren gesamten Lebenszyklus betrachtet weniger Treibhausgase emittieren als konventionelle fossile Kraftwerke, die vergleichbare Leistungen liefern. Der weitergehende technologische Fortschritt und bessere Recyclingverfahren, so die darin ausgedrückte Hoffnung, könnten die Umweltbilanz von Windenergieanlagen in Zukunft sogar „noch weiter verbessern“.

Wir befürchten, dass uns die Politik auch wieder in dieser Angelegenheit einen Bären aufbindet.

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Dieser Beitrag wurde am 30.07.2024 erstellt.

Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat die Bundesregierung ziemlich ambitionierte Ausbauziele formuliert. Bis zum Jahr 2030 sollen zum Beispiel im Windkraft-Offshore-Bereich um die 15.000 Megawatt installiert sein. Ein Unterfangen dieser Dimension ist aber nicht nur harmlos, denn es bringt in mehreren Hinsichten erhebliche Belastungen mit sich.

Cristina Archer und Nicolas Al Fahel von der University of Delaware (USA) haben 2020 eine Arbeit veröffentlicht, die aufzeigte, dass Offshore-Turbinen zu einer circa elfprozentigen Zunahme des Niederschlags auf dem Meer führen, während es an Land trockener wird. Dies lässt sich so aus Niederschlagsdaten ablesen, die an der englischen Westküste vor und nach dem Bau von Offshore-Windparks ermittelt worden sind.

https://link.springer.com/article/10.1007/s42865-020-00012-7

Zu den Auswirkungen von Offshore-Windparks gehört auch eine deutliche Veränderung in der Nährstoffverteilung im Meer. Zu diesem Ergebnis kam die Ozeanografin Ute Daewel vom Helmholtz-Zentrum Hereon in Geesthacht. Das dort angesiedelte Institut für Küstensysteme analysierte und modellierte unter Einsatz des Supercomputers „Levante“ am Deutschen Klimarechenzentrum in Hamburg die Auswirkungen von Offshore-Windparks auf das Nahrungsnetz in der Nordsee:

Offshore-Windparks werden sich voraussichtlich auf die Primärproduktion und den Sauerstoffmangel im Grundwasser in der Nordsee auswirken | Kommunikation Erde & Umwelt (nature.com)

Bis zum Jahr 2030 soll an den deutschen Küstengewässern die Kapazität der Offshore-Windenergie auf 30 Gigawatt Leistung gesteigert werden, bis zum Jahr 2045 sogar auf 70 Gigawatt. Dabei steht gerade die südliche Nordsee heute schon unter erheblichem Nutzungsdruck durch den intensiven Schiffsverkehr, die Fischerei und die Ölförderung.

Ute Daewel zeigt in der Studie „Offshore wind farms are projected to impact primary production and bottom water deoxygenation in the North Sea“, die vor Kurzem im Fachjournal “Communications Earth & Environment” publiziert wurde, dass Windparks sowohl die räumliche als auch die zeitliche Verteilung von Nährstoffen über weite Strecken verändern. Dies wiederum hat einen Einfluss auf ganze Prozessketten und somit auf das Vorkommen vieler Fischarten. Durch die Verringerung der Strömungsgeschwindigkeiten kann auf lokaler Ebene eine Abnahme des Sauerstoffgehalts des Wassers erfolgen.

So wichtig der Ausbau der Erneuerbaren Energien auch ist, kommentierte Daewel, wir sollten „sehenden Auges“ die damit verbundenen Risiken so realistisch wie möglich bewerten. Bei einigen Modellrechnungen wurde nur die Hälfe der Anlagenkapazität zugrunde gelegt, die eigentlich vorgesehen ist, um bis 2050 klimaneutral werden zu können.

Aber bereits die Auswirkungen davon sind mehr als gravierend mit Blick auf die Strukturierung der marinen Küstenökosysteme. Marine Schutzgebiete werden extra ausgewiesen, um Laichgebieten und der Verteilung von Fischlarven und Fischbeständen ihren Raum zu geben. Genau das muss beim Ausbau von Offshore-Windparks viel mehr in den Fokus rücken.

Beim Bau der Anlagen müssen schwere Fundamente tief in den Schlick eingerammt werden. Diese Arbeiten lösen Schallwellen aus, die für die in der Nähe befindlichen Schweinswale äußerst problematisch sind, während die Bewegung der Rotorblätter vielen Seevögeln den Tod bringt.

Die Luftschichten unterhalb der Rotoren erwärmen sich und verlieren dabei Feuchtigkeit. Über den Windenergieanlagen wird die Luft dagegen kälter und feuchter, was zu vermehrter Wolkenbildung und Niederschlag führt. Große Windparks sind also selbst Quellen eines lokalen Klimawandels.

 

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Beitragsbild: pixabay.com – distelAPPArath

Sie machen sich ein extremes Naturphänomen zunutze: explosive Kavitationsblasen. Indem sie ihre Krallen einschnappen lassen und dadurch Implosionen erzeugen, entstehen lokal Temperaturen von bis zu 4.500 Grad Celsius. Mittels dieses besonderen Jagdwerkzeuges erreichen Pistolengarnelen bei ihren Bewegungen Spitzengeschwindigkeiten von fast 60 Meilen pro Stunde. Dies ließ Wissenschaftler nun aufhorchen, denn dahinter verbirgt sich eine höchst interessante Methode zur Erzeugung „grüner Energie“.

Pistolengarnelen sind kleine, circa fünf Zentimeter lange Krebstiere, die ordentliche Schläge austeilen können. Sie verfügen über eine sehr spezialisierte Klaue, die einer Schusswaffe gleichkommt, mit der sie ihre Beute umhauen. Ihre vergrößerte Schnappklaue kann mit Geschwindigkeiten von gut 100 Stundenkilometern zuschnappen, wobei ein sehr schneller Wasserstrahl entsteht, der kleine wirbellose Tiere und Fische instantan betäubt oder gleich tötet.

Durch das sehr plötzliche Knacken entsteht im Inneren der Klaue ein extremer Druckabfall, der lokal das Wasser verdampfen lässt, wodurch sich viele mikroskopisch kleine Blasen bilden. Diese fallen aber an Ort und Stelle unmittelbar zusammen, sodass ein scharfes Knackgeräusch im Verein mit Licht- und Hitzeblitzen erzeugt wird, wobei lokal Temperaturen von mehr als 4500 Grad Celsius erreicht werden. Diese sogenannte Kavitation verursacht ihrerseits eine intensive Stoßwelle, die noch Beute in über zwei Metern Entfernung hinwegschleudert.

Die Schnappkralle hat einen einzigartigen eckigen, asymmetrischen Verschluss, der so konstruiert ist, dass sich das Tier damit nicht selbst verletzen kann. Bei genauerer Betrachtung ist zu erkennen, dass sich die einzelnen Teile der Klaue beim Hochgeschwindigkeitsschnappen gegenseitig nicht berühren. Die hohe mechanische Spannung wird im Wesentlichen über das umgebende federartige Gewebe abgeleitet, sodass auch eine mehrmalige Wiederholung des Bewegungsablaufs problemlos möglich ist.

Die harte Spitze der Klaue ist mit rissbeständigem Calcit mineralisiert und kann so den Implosionen der Kavitationsblasen standhalten. Unter dem Mikroskop wird deutlich, dass die Calcit-Kristalle im Vergleich zu jenen anderer Krebstiere besonders groß und geradezu makellos sind.
Dabei ist die Pistolengarnele ein recht zerbrechliches Wesen. Vielleicht musste sie sich gerade deshalb so entwickeln, dass sie Wasser als Waffe einsetzt, um mit Stoßwellen effizient ihre Beute angreifen zu können. Ganz anders geht da zum Beispiel der Fangschreckenkrebs vor, der mit seinen schwer gepanzerten, hammerförmigen Keulen sogar dickschalige Meeresbewohner mit der Kraft von mehreren Tausend Newton beherzt zerschmettert.

Was die Schnappklauen von Pistolengarnelen so besonders macht, sind zusammengefasst diese Eigenschaften:

  • geniales Design für die Fernjagd
  • blitzschneller asymmetrischer Verschluss
  • Federbelastete Gelenke verhindern Selbstverletzungen.
  • Stark mineralisierte und dennoch spröde Schlägerspitzen konzentrieren die Blasenbildung.
  • bestimmte Winkelform für zielgerichtete Druckwellen
    Die Schnappschüsse der Pistolengarnele weisen uns höchst anschaulich auf ein noch völlig ungenutztes Wasserkraftpotenzial hin, das in einer erweiterten Dampfblasen-Implosionstechnologie liegt.

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Literatur:
Versluis, M., Schmitz, B., Heydt, A. von der & Lohse, D.: „Wie schnappende Garnelen schnappen: Durch kavitierende Blasen.“; Science 289, 2114-2117 (2000).

Beitragsbilder:

[1] pixabay.com – stevenpb

[2] pixabay.com – Lernestorod

 

In einem Vortrag, der so viel mehr als nur wissenschaftliche Fakten vermittelt, entfaltet Dr. med. Ursula Bellut-Staeck ein brisantes Thema, das uns alle angeht: die potenziellen Gesundheitsrisiken von Windkraftanlagen. Ihre Worte in Baden-Baden, gehalten im November 2023 auf Einladung einer Bürgerinitiative, hallen nach und fordern unsere Aufmerksamkeit.

Die Unsichtbare Bedrohung: Infraschall

Dr. Bellut-Staeck legt dar, dass Windkraftanlagen nicht nur hörbaren Lärm, sondern auch Infraschall emittieren. Diese niedrigfrequenten Schallwellen sind für uns unsichtbar und unhörbar, aber, wie die Ärztin eindrücklich darlegt, möglicherweise nicht harmlos. Tieffrequenzen sind nach ihren Worten „nicht kompatibel mit Organismen“, ein alarmierender Gedanke, der uns alle betrifft.

Wissenschaftliche Studien – Warnsignale?

Die Grundlage ihrer Ausführungen bilden verschiedene wissenschaftliche Studien, unter anderem eine Veröffentlichung in der medizinischen Zeitschrift „ASU“. Diese legen nahe, dass die Auswirkungen von Infraschall, insbesondere von Windkraftanlagen, in Politik und Öffentlichkeit stark unterschätzt werden. Symptome wie Durchblutungsstörungen in kleinen Blutgefäßen, entzündliche Reaktionen und Herzschwäche werden bei Menschen, die in der Nähe solcher Anlagen leben, gehäuft beobachtet.

Ein Fehltritt der Behörden?

Das Umweltbundesamt, so kritisiert Bellut-Staeck, macht einen „entscheidenden Fehler“ in der Bewertung der Schallpegel von Windkraftanlagen. Die Behörde orientiert sich an der Hörschwelle und vernachlässigt, dass der gesamte Körper Schall und Vibration aufnimmt. Hier wird ein enormes Wissensdefizit deutlich, das weitreichende Konsequenzen haben könnte.

Das Endothelium – Ein riesiges Organ

Besonders aufschlussreich ist Bellut-Staecks Hinweis auf das Endothelium, ein riesiges Wahrnehmungsorgan, das aus Endothelzellen der kleinen Blutgefäße besteht. Diese Erkenntnisse sind relativ neu und weitgehend unbekannt, was die Dringlichkeit unterstreicht, mit der wir uns diesem Thema widmen müssen.

Der Nobelpreis für Medizin als Indikator?

Interessant ist auch der Verweis auf den Nobelpreis für Medizin 2021. Forscher Ardem Patapoutian entdeckte die PIEZO-Kanäle, die als Rezeptoren in Endothelzellen und Haut agieren. Dies stützt die These, dass unser Körper Schall und Vibrationen nicht nur über das Ohr wahrnimmt.

Widersprüchliche Sichtweisen

Während das Umweltbundesamt bisher keinen wissenschaftlichen Nachweis für die schädlichen Auswirkungen von Infraschall durch Windkraftanlagen sieht, fordert Bellut-Staeck eine Neubewertung der aktuellen Erkenntnisse. Sie appelliert an die Behörde, die neuen medizinischen Forschungsergebnisse ernst zu nehmen und in ihre Bewertungen einzubeziehen.

Ein dringender Appell

Dr. Bellut-Staecks Vortrag ist mehr als nur ein wissenschaftlicher Beitrag. Es ist ein dringender Appell an uns alle, sich mit den potenziellen Risiken der Windkraft auseinanderzusetzen und die Gesundheit der Menschen nicht den Interessen der Energiepolitik zu opfern. Ihre Forschung beleuchtet eine dunkle Seite der Energiewende, die wir nicht ignorieren dürfen. Es geht um unsere Gesundheit, unsere Umwelt, unser Leben. Wir müssen handeln, bevor es zu spät ist.

Zur Herstellung getriebeloser Windräder braucht es besonders effiziente Generatoren und dazu wird Neodym benötigt, ein Metall, das zu den „Seltenen Erden“ gehört. Neodym gibt es aber offenbar nur in chinesischen Minen. Um das in nur geringen Konzentrationen vorhandene Metall vom Gestein zu trennen, sind nicht nur große Energiemengen erforderlich, es entstehen dabei auch diverse giftige Abfallprodukte, unter anderem radioaktives Uran und Thorium. Selbstverständlich gelangen all diese Stoffe zum Teil ins Grundwasser, kontaminieren die Fauna und gehen so in die Nahrungskette über.

Fabriken, in denen Neodym aus seinem Erz abgetrennt wird, gibt es zum Beispiel im nordchinesischen Baotou. Im weiten Umfeld dieser Produktionsstätten sind die Umgebung und vor allem das Wasser bereits hoffnungslos verseucht mit der Folge, dass dort ein großer Teil der Bevölkerung schwer erkrankt ist. Mehrere Studien belegen eine signifikant erhöhte Krebsrate.

Damit aber nicht genug, Windenergieanlagen bergen noch mehr Überraschungen.

Lassen Sie uns kurz über Schwefelhexafluorid (SF6) sprechen. Da umgeben also sechs Fluor-Atome ein Schwefelatom. Weil dieses Gas als perfekter Isolator fungiert, wird es gern in Knotenpunkten von elektrischen Schaltanlagen eingesetzt. Solche gasisolierten Schaltanlagen werden überall dort gebraucht, wo es an Platz mangelt, und Windenergieanlagen leiden offenbar unter Beengtheit.

Doch Schwefelhexafluorid ist der König unter allen Treibhauswirkungen. Im Vergleich zu dem so oft gescholtenen Kohlendioxid ist sein Treibhauseffekt fast 23.000-mal stärker. Und bis sich das erstaunlich stabile Molekül in der Atmosphäre zersetzt, dauert es statistisch über 3000 Jahre. Da diese Kenntnisse nicht neu sind, wurde bereits 1997 im Kyoto-Protokoll festgelegt, dass SF6-Emissionen vordringlich zu begrenzen sind.

Eine gesetzliche Regulierung für SF6 in elektrischen Schaltanlagen gibt es aber nicht. Immerhin hat sich die Industrie 1998 freiwillig dazu verpflichtet, diesen Stoff lediglich innerhalb hermetisch geschlossener Systeme zu verwenden und das Gas am Ende zu recyceln beziehungsweise chemisch zu neutralisieren, wobei die Mengen zudem erfasst und gemeldet werden sollen.

Aber stimmen die Daten auch?

Die Industrie frohlockt mit ihren Meldungen, dass nur sehr wenig SF6 in die Umwelt entweicht. Dennoch übertreffen bereits diese kleinen Mengen jenen Treibhauseffekt, den der gesamte innerdeutsche Flugverkehr zu verantworten hat. Als unabhängige Wissenschaftler vor einiger Zeit die tatsächliche SF6-Konzentration der Atmosphäre gemessen haben, waren sie aber über die Ergebnisse mehr als verblüfft. Was inzwischen feststeht, ist, dass in Europas Luft nahezu 50 Prozent mehr SF6 wabert, als man es mit Blick auf die gemeldeten Emissionsdaten vermuten würde. Interessant ist auch, dass ausgerechnet Deutschland der größte Emittent des extrem klimaschädlichen Gases ist. Fakt ist, dass sich jeder Windradeigentümer um das Recycling seiner SF6-Bauteile prinzipiell selbst zu kümmern hat. Allerdings gibt es niemanden, der das kontrolliert.

Muss es denn unbedingt Schwefelhexafluorid sein?

Nein, denn Siemens Energy hat längst gute Alternativen für die Windräder seines Tochterunternehmens Gamesa entwickelt, indem die Schalter in Vakuumröhren eingebaut werden. „Nichts“ ist nämlich auch ein hervorragender Isolator. Bas Eickhout ist Fraktionsvorsitzender der Grünen im Europaparlament. Den Versuch der EU, mittels einer neuen Verordnung den Gebrauch von SF6 einzudämmen, kommentierte er so, dass es (deutsche) „Akteure im Markt“ gäbe, die viel Geld mit dem Klimaschädling verdienen und deshalb sehr erfolgreiche Lobbyarbeit betreiben, die auf der Argumentation basiert, dass niemand das Recht habe, die Energiewende zu behindern.

Der aktuelle Entwurf sieht nun einknickend kompromissbereit vor, den Einsatz von SF6 in Schaltanlagen ab 2030 zu verbieten, wobei großmütig noch Übergangsfristen von acht Jahren eingeräumt werden.

Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) haben deutsche Unternehmen in 2021 insgesamt 743,2 Tonnen Schwefelhexafluorid bezogen, 10 Tonnen mehr als im Jahr zuvor. Dies entspricht 17,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Vorrangig sind es die Elektroindustrie und der Apparatebau, die auf dieses Gas zurückgreifen, aber auch Zwischenhändler und die Hersteller von optischen Glasfaserkabeln sind am Einkauf von SF6 interessiert.

Auch Stickstofftrifluorid (NF3) gehört zu jenen Gasen, die sich durch ein sehr hohes „Global Warming Potential“ (GWP) beziehungsweise CO2-Äquivalent, in diesem Fall von über 16.000, auszeichnen und nur extrem langsam in der Atmosphäre abbauen. In 2021 wurden davon 63,4 Tonnen an die deutsche Wirtschaft abgegeben, was circa eine Million Tonnen CO2-Äquivalent entspricht. NF3 wird vorrangig in der Halbleiterindustrie gebraucht, zum Beispiel zum Reinigen oder Ätzen von Beschichtungskammern bei Flachbildschirmen.

Relativ aktuelle Statistiken zum Themenfeld Klima, Klimawandel und Klimaschutz finden Sie zum Beispiel auf der Klima-Sonderseite des Statistischen Bundesamtes: www.destatis.de/klima

Beitragsbild: pixabay.com – distelAPPArath

Dieser Beitrag wurde am 26.06.2023 erstellt.

Die meisten Menschen verstehen unter Fortschritt allein die zunehmende Digitalisierung und immer undurchschaubarere elektronische Schaltungen auf Halbleiterbasis. Dass zuweilen auch ein Blick zurück angebracht ist, weil das Geniale tatsächlich im Einfachen liegt, möchten wir hier an zwei Beispielen aufzeigen, die gegensätzlicher kaum sein könnten.

Das Plasma im Fusionsreaktor mit DeepMind-KI steuern

Das britische Unternehmen DeepMind ist die KI-Tochter von Alphabet (Google). Ihre Algorithmen wurden erfolgreich auf ein ganz besonders schwieriges wissenschaftliches Problem angewandt. Die Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne (EPFL) hat in enger Zusammenarbeit mit dem Swiss Plasma Center deren Deep-Reinforcement-Learning-KI so trainiert, dass in einem experimentellen Kernfusionsreaktor ultraheißes Plasma endlich kontrollierbar wird. Das darf man gern einen Durchbruch nennen. Dazu wurde im Februar 2022 im Journal Nature ein sehr interessanter Artikel veröffentlicht.

Es geht immerhin um nicht mehr und nicht weniger als die Erschließung einer schier unbegrenzten Quelle sauberer Energie. Kernfusion bedeutet, dass einfache, leichte Wasserstoffatome durch extrem hohe Impulse derart komprimiert werden, dass sie zum nächst schwereren Element Helium verbacken, wobei eine große Menge an Energie frei wird. Nichts anderes macht unsere Sonne von früh bis spät.

Salopp gesagt darf man es sich so vorstellen, dass aus vier Wasserstoffatomen am Ende der Prozesskette ein Heliumatom entsteht. Da aber die vier Wasserstoffatome zusammen eine winzige Idee schwerer sind als das eine Heliumatom, ergibt sich ein kleines Massendefizit, das gemäß der berühmten Einstein‘schen Formel als Strahlungsenergie erscheint. Nach dem gleichen Prinzip, aber in umgekehrter Richtung funktioniert die Kernspaltung, allerdings entsteht dabei sehr viel strahlender Atommüll – ein noch immer ungelöstes Problem.

Der vierte Aggregatzustand heißt Plasma

Da sich die positiv geladenen Atomkerne gegenseitig abstoßen, ist es eine Herkulesaufgabe, sie in einem Reaktor zusammenzubringen. Möglich ist so etwas nur bei extremen Temperaturen von mehreren Millionen Grad. Dabei nimmt die Materie den Plasmazustand an, bei dem sämtliche Elektronen von den Atomen abgerissen sind, es ist gleichsam eine brodelnd-heiße Teilchensuppe, die man nicht einfach aus einem Teller löffeln kann. Keine Gefäßwandung würde dieser Hitze standhalten. Daher muss das Plasma eingefangen und gezähmt werden, indem man es in einem sehr starken Magnetfeld in der Schwebe hält.

 

Bild: Pixabay – Asimina Nteliou

Ein solcher Reaktor mit magnetischem Käfig wird als Tokamak bezeichnet. Ein donutförmiges Reaktorgefäß wird hierbei von horizontalen Leiterschleifen umschlossen. In der Mitte sitzt ein lang gestreckter Solenoid-Magnet, durch den im Reaktor ein Ringstrom induziert wird, wobei das Plasma noch weiter aufgeheizt wird. Per Kontrolle der Stromstärken in den Spulen werden die Magnetfelder nach Bedarf ausgeformt. Nur so lässt sich verhindern, dass das Plasma die Reaktorwände berührt.

Mit Reinforcement Learning wird ein Software-Agent auf der Basis einer Trial & Error Optimierung in die Lage versetzt, das Plasma zu jedem Augenblick von der Wandung fernzuhalten, egal, wie es sich gerade selbst verhält. Der Agent muss aber zuerst die optimale „Policy lernen“, um Form und Lage des Plasmas schließlich via magnetische Impulse zu kontrollieren.

In dem kleinen experimentellen Reaktor Variable Configuration Tokamak (TCV) überließen die Wissenschaftler dem Algorithmus die Kontrolle. Allerdings steuerte die KI das Plasma nur zwei Sekunden lang, weil der TCV danach schnell überhitzt. Während dieser Zeit erfasst das neuronale Netzwerk der DeepMind-KI gleich 10.000 Mal pro Sekunde 90 verschiedene Parameter. Daraus werden unmittelbar die Spannungen der 19 Magneten ermittelt und geregelt. Die Forscher sprechen hier von einer Rückkopplungsschleife, die extrem schnell arbeitet.

Die Entwicklung kommerzieller Kernfusionsreaktoren kommt voran

Es ist noch nicht lange her, da haben Forscher am experimentellen Fusionsreaktor JET gezeigt, dass eine sich selbst erhaltende Fusionsreaktion von Deuterium und Tritium heute sehr wohl möglich ist. Aber um aus solchem Geschehen mehr Energie herauszuholen als erst einmal hineingesteckt werden muss, braucht es einen großen Reaktor wie ITER, der über supraleitende Magneten verfügt. Dieser wird allerdings erst frühestens 2035 fertiggestellt, bis dahin müssen wir uns wohl mit etwas älteren Techniken behelfen.

Die Urin-Revolution im Recycling

Kommen wir nun zu einem ganz alten Hut, dem Urin, den jeder kennt, aber ungeahnt vieles kann. Wären wir in der Lage, diesen tollen Rohstoff auf einfache Weise aus dem Abwasser zu trennen, wären sofort mannigfache Umweltprobleme gelöst.

Bild: pixabay- Ewa Urban

Zwar ist Gotland die größte schwedische Insel, aber das Süßwasser ist dort ein knappes Gut. Reichlich vorhanden sind dagegen Abwässer aus der Landwirtschaft, die die Ostsee regelmäßig mit schädlichen Algen erblühen lassen. Lösbar ist das Problem mit menschlichem Urin.

2021 wurde daher an der Universität für Agrarwissenschaften Uppsala (SLU) ein wissenschaftliches Projekt aus dem Boden gestampft, in dessen Mittelpunkt mobile Toiletten stehen. Drei Jahre lang sollen jeweils während der Tourismussaison über 70.000 Liter Urin aus den wasserlosen Urinalen gesammelt werden. Eigens zu diesem Zweck wurde das Unternehmen Sanitation360 gegründet.

Die Wissenschaftler trocknen den Urin, bis sich betonharte Brocken bilden, die dann zu einem Pulver zermahlen werden. Zu Düngemittelpellets zusammengepresst passen diese in übliche Agrargeräte.

Mit der Trennung des Urins aus dem Abwasser beschäftigen sich inzwischen Wissenschaftler in den USA und Australien, in der Schweiz, in Äthiopien und in Südafrika. Aus ihrer Sicht birgt das Verfahren eine ganze Reihe von Vorteilen für die Umwelt, denn Urin enthält viele Nährstoffe, die sowohl zur Düngung von Nutzpflanzen als auch für verschiedene industrielle Prozesse verwendet werden können. Gleichzeitig würde der Harnstoff unsere Gewässer nicht mehr belasten.

In der Tat produzieren die Menschen so viel Urin, dass in etwa ein Viertel der gegenwärtigen Herstellung von Stickstoff- und Phosphordünger auf diese Weise ersetzt werden könnte. Im Übrigen würden enorme Mengen an Trinkwasser eingespart, wenn auf das Herunterspülen des Urins weitgehend verzichtet wird. Dessen Aufbereitung könnte beziehungsweise sollte direkt in der Toilette oder zumindest in einer Anlage für den ganzen Wohnkomplex im Keller erfolgen.

Dass Urin ein echtes „Multitalent“ ist, wussten die Menschen schon vor 100 Jahren. Außer zum Düngen von Feldfrüchten wurde Urin beispielsweise zum Gerben von Leder oder für die Herstellung von Schießpulver verwendet. Die heutige „Urinblindheit“ entstand erst im späten 19. Jahrhundert, als in England die zentrale Abwasserentsorgung aufkam, die zu der uns bekannten Situation geführt hat, dass Urin und Fäkalien samt Toilettenpapier mit den Spültoiletten in die Kanalisation abgeleitet werden, wo weitere nahezu undefinierbare Flüssigkeiten aus Industrie und Haushalt sowie Regenwasser hinzutreten.

Bild: pixabay – Michal Jarmoluk

In zentralen Kläranlagen werden diese Abwässer dann in energieintensiven Prozessen unter Einsatz von Mikroben gereinigt. Bereits in den 1990er-Jahren haben schwedische Experten zum Umdenken aufgefordert. Im Rahmen einer Studie hat das Team um die Umweltingenieurin Nancy Love an der Universität von Michigan in Ann Arbor vorgerechnet, dass die Gemeinden mittels Urinabscheidung ihre Treibhausgasemissionen um bis zu 47 Prozent senken könnten, wobei in diesem Zuge der Energieverbrauch um mehr als 40 Prozent reduziert werden könnte. Beim Süßwasserverbrauch würde sogleich die Hälfte eingespart und die Nährstoffbelastung aufgrund des Abwassers würde um bis zu 64 Prozent zurückgehen.

Die ersten Trenntoiletten zeigten etliche konstruktive Nachteile

Tove Larsen ist im schweizerischen Dübendorf als Chemieingenieurin an der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abteilung Abwasserreinigung und Gewässerschutz (Eawag) tätig. Sie erläutert dazu, dass die meisten Trenntoiletten der 1990er-und 2000er-Jahre an ihrer Vorderseite über ein ziemlich kleines Becken zum Auffangen der Flüssigkeit verfügten. Und mit der Treffsicherheit hapert es bekanntlich bei vielen Männern.

Bei anderen Konstruktionen steht ein fußbetriebenes Förderband zur Verfügung, das die Fäkalien zu einem Kompostierungsbehälter geleiten soll, während der Urin abfließt. Modernere Varianten sind sogar mit Sensoren ausgestattet, die via Ventile den Urin zu separaten Abflüssen führen. Doch in der Gesamtheit lässt sich feststellen, dass diese Art Toiletten bei den Nutzern durchweg nicht gut ankamen, weil sie unhandlich, miefig und nicht zuletzt unzuverlässig sind.

Wagen wir einen Blick über den „Schüsselrand“

Das Ende der Apartheid brachte es mit sich, dass sich Gemeindegrenzen in Südafrika schlagartig erweiterten. Plötzlich sahen sich die Behörden mit der Verantwortung über ländliche Gebiete konfrontiert, die weder über eine Frischwasser- noch über eine Abwasserinfrastruktur verfügten. Im August 2000 kam es folgerichtig zu einem Ausbruch von Cholera. Dies war die Initialzündung für die Installation unterschiedlicher Sanitäranlagen, wozu unter anderem 80.000 Trockentoiletten mit Urinabscheidung gehörten. Die meisten davon sind sogar noch heute im Einsatz.

Anthony Odili forscht in Durban an der Universität von KwaZulu-Natal über das Thema Abwasserentsorgung. Er erklärt die Funktionsweise dieser Trenntoiletten der ersten Stunde so, dass der Urin lediglich in den Boden abfließt, während die Fäkalien in einen großen Tank fallen. Dies führte unter anderem dazu, dass die Menschen beim Toilettengang gar nicht mehr atmen konnten. So entschlossen sich die Gemeinden 2016, die Tanks wenigstens alle fünf Jahre zu leeren.

Sozialwissenschaftliche Untersuchungen haben etliche Probleme mit solchen Anlagen identifiziert. So sind es neben der eher umständlichen Nutzung zum Beispiel die dafür verwendeten minderwertigen Materialien, aus denen die Toiletten gefertigt sind, was abschreckend auf die Menschen wirkt. Zwar sollen Trenntoiletten schlechte Gerüche ja gerade verhindern, aber faktisch ist das Gegenteil der Fall. Und der zum Teil tatsächlich gesammelte Urin wurde am Ende nicht einmal genutzt. Befragt wurden dazu die Einwohner von eThekwini, einem Vorort von Durban, und diese Studie von 2017 ergab, dass sich über 95 Prozent der Befragten jene geruchlosen, bequemen Wasserklosetts wünschen, wie sie die Weißen in der Stadt haben.

Was lernen wir daraus?

Im österreichischen Designbüro EOOS Next arbeitet das Team von Tove Larsen unter Leitung des Designers Harald Gründl an einem neuen Konzept der Trenntoilette, das nicht nur ein genaues Zielen obsolet macht, sondern auch die Urinabscheidung nahezu unsichtbar und hoffentlich auch „unriechbar“ vonstattengehen lässt. Dabei kommt der Teekanneneffekt zum Einsatz.

Bei der Trenntoilette von EOOS läuft der Urin automatisch über die vordere Innenseite in ein separates Loch. Finanzielle Unterstützung erfuhr die „Urinfalle“ durch die Bill & Melinda Gates Foundation in Seattle. Prinzipiell kann jede Toilette mit diesem speziellen Urinabscheider nachgerüstet werden, egal ob es sich um einen hochwertigen Keramiksockel oder um einen schnöden Plastikthron handelt. Unter Nutzung dieses Konzepts produziert der Schweizer Hersteller Laufen bereits eine solche Trenntoilette für den europäischen Markt, die aber nicht ganz billig ist.

Was passiert dann mit dem Urin?

Für die ländliche Lagerung von Urin in Fässern zur Abtötung von Krankheitserregern hat die Weltgesundheitsorganisation WHO inzwischen Richtlinien ausgegeben. In den Städten, wo besonders viel Urin produziert wird, braucht es eigentlich kostspielige separate Kanalisationsrohre. Da Urin bekanntlich zu ungefähr 95 Prozent aus Wasser besteht, ließe er sich aufkonzentrieren. Genau daran arbeiten zurzeit mehrere Forschergruppen mit dem Ziel, die Trocknung bereits in der Toilette oder zumindest im Gebäude zu starten.

Tove Larsen weist aber darauf hin, dass Urin aus technischer Sicht eine „üble Mischung“ ist, denn Harnstoff ist eine stickstoffhaltige Verbindung mit Tücken. In Verbindung mit Wasser entsteht zum Beispiel Ammoniakgas, das nicht nur stinkt, sondern dem Harnstoff den nützlichen Stickstoff ja gerade entzieht. Forscher der Eawag haben nun ein neuartiges Verfahren entwickelt, das aus hydrolysiertem Urin eine konzentrierte Nährlösung entstehen lässt. Dabei verwandeln Mikroorganismen das flüchtige Ammoniak zunächst in nichtflüchtiges Ammoniumnitrat (Düngemittel). Die Flüssigkeit wird danach in einem Destilliergerät zu Aurin (Produktname) konzentriert.

Das Team aus Gotland von der SLU entwickelte unter Leitung des Umweltingenieurs Björn Vinnerås ein Verfahren, bei dem Urin zu festem Harnstoff getrocknet und mit anderen Nährstoffen gemischt werden kann. Aktuell befindet sich ein Prototyp bei VA SYD in Malmö in der Testphase: die Toilette mit integriertem Trockner.

Tove Larsen fasste das Fazit mit wenigen Worten treffend zusammen: „Die Urinabscheidung ist die richtige Technologie, die Menschen müssen nur noch mitmachen.

Beitragsbild: pixabay- hans braxmeier

Dieser Beitrag wurde am 31.5.2022 erstellt.