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Der Klimawandel ist eben nicht nur menschengemacht. Im Januar 2022 explodierte im südpazifischen Königreich Tonga der Unterwasservulkan „Hunga Tonga-Hunga-Ha’apai“. Dabei schoss eine monströse Wasserdampfwolke bis in die Stratosphäre. Die aufsteigende Aschesäule über dem Vulkan enthielt relativ wenig Schwefel, dafür aber besonders viel Wasserdampf, was Folgen für das Klima haben sollte.

Es konnte abgeschätzt werden, dass bei diesem Ausbruch mehr als 100 Millionen Tonnen verdampftes Meerwasser bis in Höhen um 58 Kilometer, also bis in die sonst trockene obere Stratosphäre beziehungsweise untere Mesosphäre katapultiert worden sind. Dabei ist Wasserdampf ein durchaus starkes Treibhausgas.

Normalerweise führen große vulkanische Eruptionen für die folgenden ein oder zwei Jahre zu einer globalen Abkühlung, weil das in der Rauchwolke enthaltene Schwefeldioxid in den höheren Luftschichten Sulfataerosole bildet, an denen ein Teil des Sonnenlichts direkt ins Weltall reflektiert wird. Die starken Windsysteme in diesen Höhen (Jetstream) verteilen die Aerosole indes schnell fast über den gesamten Erdball.

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Seit Jahrzehnten schon bemühen sich Wissenschaftler darum, die Auswirkungen des Vulkanismus auf das Klima in komplexen Modellrechnungen zu erfassen. Da kam ihnen jene Wasserdampfinjektion durch den Hunga Tonga-Hunga Ha’apai im Sinne eines natürlichen Treibhausgas-Experiments gerade recht.

Im Mai 2024 wurde nun in der Fachzeitschrift „Journal of Climate“ eine australische Klimamodellstudie veröffentlicht, in der unter anderem auf die Auswirkungen auf die Oberflächentemperaturen, die Niederschlagsmuster und das Ozonloch eingegangen wird. Die Berechnungen ergaben zum Beispiel Hinweise auf eine mögliche temporäre Vergrößerung des Ozonlochs durch den Tonga-Vulkanausbruch, was schließlich durch Beobachtungsdaten bestätigt wurde.

Mit Blick auf den längerfristigen globalen Durchschnitt, so besagt es das Modell, ändert der Tonga-Ausbruch aber wenig, regional allerdings können sehr wohl Wetter-Anomalien auftreten. In der Attributionsforschung geht es unter anderem darum, eine Welt mit und ohne Tonga-Vulkanausbruch zu vergleichen, um auf diese Weise den sogenannten Ensemble-Mittelwert zu bestimmen.

Zu diesem Zweck wurden nahezu 30 verschiedene Klimamodelle mit den abgeschätzten Wasserdampfmengen in unterschiedlichen Höhen in der Stratosphäre berechnet, das heißt, der Großrechner simulierte die dynamischen Transportprozesse einschließlich der daraus folgenden globalen Auswirkungen. Jedes Einzelergebnis wurde mit der korrespondierenden Klimamodellrechnung ohne Wasserdampf verglichen.

Der Ausbruch des Unterwasservulkans beeinflusste zum Beispiel die großräumigen Wellenbewegungen in der Atmosphäre. Diese sogenannten „Wave Trains“ bewegen sich ständig über den gesamten Erdball hinweg. Regionale Oberflächentemperaturen können dadurch über Jahre verändert werden.

Während Skandinavien in einigen Modellrechnungen um ein Grad Celsius kühler wurde, erwärmte sich Nordamerika um gleich 1,5 Grad Celsius. Große Wärmemengen wurden so in die Arktis verfrachtet, wohingegen über Australien kühle Anomalien zu verzeichnen waren.

Weiterhin ergaben die Simulationen, dass der Wasserdampf in der Stratosphäre zu feuchten Wintern in Europa und Australien führt, während die Westküste der USA immer trockener wird. Und im Sommer wird es im Norden Eurasiens zunehmend trockener, an Chinas Ostküste sowie in Westaustralien wird es dagegen feuchter.

Für den zweiten Frühling nach der Eruption prognostizierte das WACCM4-Klimamodell eine zeitlich begrenzte Vergrößerung des Ozonlochs von immerhin zwei Millionen Quadratkilometern. Zum Sommeranfang 2023 wurde exakt ein derart vergrößertes Ozonloch gemessen.

Innerhalb des ersten Jahres nach dem Ausbruch hatte der stratosphärische Wasserdampf die polaren Breiten noch nicht erreicht, bevor sich im Winter der antarktische Polarwirbel ausbildete, der den Wasserdampf nicht weiter voranschreiten ließ. Auch das war ein Ergebnis aus der Modellstudie.

Prof. Thomas Birner vom Institut für theoretische Meteorologie der LMU in München erläuterte dazu, dass den polaren Stratosphärenwolken aus Eis, die mit einer erhöhten Konzentration an Hydroxylradikalen einhergehen, bei der Zerstörung des Ozons tatsächlich eine Schlüsselrolle zukommt.

Hydroxylradikale sind reaktionsfreudige Moleküle, die aus einem Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom bestehen. Es ist sehr gut möglich, dass die in 2023 beobachtete Vergrößerung des Ozonlochs zumindest teilweise auf den Vulkanausbruch zurückgeführt werden kann.

Die Klimaphysikerin Ulrike Niemeier arbeitet am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg in der Forschergruppe „Stratosphärischer Antrieb und Klima“. Sie bestätigt, dass sich derartige Klimamodelle prinzipiell gut zu Vorhersagen der Ozonentwicklung eignen. Allerdings sieht sie ein Problem darin, dass die Modelle der obigen Studie den großen Einfluss der Ozeane gar nicht berücksichtigen. Lediglich die Wasseroberflächentemperaturen fließen dort als Randparameter mit ein.

Auch Prof. Birner teilt die Kritik daran, dass die Klimamodellstudie die Dynamik der Ozeane außen vor lässt, und fügt hinzu, dass die Veränderungen in den Ozeanen deutlich langsamer ablaufen als in der Atmosphäre.

Es ist daher immer mit einer nachlaufenden Rückkopplung mit der Atmosphäre zu rechnen. Die Studienautoren räumen ein, dass ihre Modelle diesbezüglich erweitert werden sollten. Dazu sollte man wissen, dass solche Simulationen an Großrechnern sehr viel teure Computerzeit verschlingen.

Um bestimmte Prozesse isoliert verstehen zu können, werden zum Beispiel in physikalischen Laborexperimenten sämtliche andere, störende Fremdeffekte gezielt ausgelassen. Doch in diesem Fall haben sich die Autoren recht weit aus dem Fenster gelehnt, indem sie bei ihrer Interpretation sogar einen Zusammenhang mit El Niño hergestellt haben, obwohl sie dessen so wichtige Kopplung zwischen den Ozeanen und der Atmosphäre unberücksichtigt ließen.

Schlussbemerkung

Bei aller berechtigten Kritik ist es so, dass diese Modellrechnungen der Wahrheit schon recht nahekommen, was die späteren Messwerte gezeigt haben. Insofern sollten wir uns immer gewahr sein, dass nicht jede lokale Wetter-Anomalie per se eine Folge des menschengemachten Anteils am Klimawandel sein muss.

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Dieser Beitrag wurde am 20.08.2024 erstellt.