Klimaforschung ist mehr als beängstigend, denn der Klimawandel bedroht unsere Gesundheit
Die fossilen Energieträger Erdöl, Kohle und Gas tragen bekanntlich ganz erheblich zum Klimawandel und den zunehmenden Extremwetterereignissen bei. Nebenbei sorgen sie für eine unerträgliche Luftverschmutzung, die alle Menschen und Tiere auf dieser Welt krank macht. Diese eindringliche Warnung wird einmal mehr im Lancet Countdown on Health and Climate Change 2022 ausgesprochen.
UN-Generalsekretär António Guterres unterstützte diese Darstellung mit der Ergänzung, dass die giftige Luftverschmutzung die Ernährungssicherheit immer weiter untergräbt und die Risiken für Infektionskrankheiten, extreme Hitze und Dürre sowie Überschwemmungen nach oben schießen lässt.
Der aktuelle Bericht wurde von immerhin 99 Fachleuten, die 51 Institutionen und einigen UN-Organisationen angehören, gemeinsam erstellt. Innerhalb des Zehnjahreszeitraums von 2012 bis 2021 war die von extremer Dürre betroffene Landfläche weltweit fast 30 Prozent größer als noch 1951 bis 1960. Es ist ja völlig klar, dass die besorgniserregende Situation der globalen Lebensmittelversorgungsketten Migrationsbewegungen von ungeahntem Ausmaß auslöst.
Mit Blick auf die medizinischen Aspekte lässt sich konstatieren, dass extreme Hitze dafür bekannt ist, dass sie Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen verschlimmert. Sie kann überdies für schwangere Frauen sehr gefährlich werden und löst nachweislich bei immer mehr Menschen einen Hitzschlag aus. Durch Schlafverhinderung gerät ebenfalls die psychische Gesundheit der Menschen zunehmend in Gefahr. Vor diesem Hintergrund ist es vielleicht gar nicht mehr so verwunderlich, dass die Welt auch politisch gerade aus den Fugen gerät.
Die Anzahl hitzebedingter Todesfälle stieg jedenfalls in dem Vierjahreszeitraum von 2017 bis 2021 im Vergleich zu 2000 bis 2004 messbar um circa 68 Prozent. Im Jahre 2019 haben 69 von 86 Regierungen, die im Bericht betrachtet wurden, fossile Energieträger mit 400 Milliarden Dollar subventioniert.
Der Bericht bemüht sich aber auch darum, etwas Mut zu machen, indem er darauf hinweist, dass die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf die weltweite Gesundheit der Menschen sehr wohl abgedämpft werden könnten, wenn der Umstieg auf saubere Energieträger schneller und konsequenter bewerkstelligt werden würde. Daraus würde sich dann einhergehend mit der Verminderung der Feinstaubbelastung eine Verbesserung der Luftqualität insgesamt ergeben. Unterstützend würden hierbei eine stärkere Begrünung der Städte und eine zunehmend pflanzliche Ernährungsweise wirken.
Immerhin stehen uns heute interessante Mittel und Wege offen, einen sogar quantitativ fundierten Blick in die Zukunft zu wagen. Einer der weltweit modernsten Klimarechner mit Namen Levante wurde vor Kurzem am Deutschen Klimarechenzentrum (DKRZ) in Hamburg eingeschaltet. Doch die Ergebnisse seiner ersten Berechnungen können Angst und Bange machen.
Warum braucht die Meteorologie so extrem leistungsstarke Rechner?
Im Interview mit T-Online bemühte sich der Meteorologe Frank Böttcher darum, diese und weitere Fragen zu den Klimamodellen zu beantworten.
Mit derartigen Supercomputern ist es möglich, sozusagen in die Zukunft unseres Planeten zu reisen. Zur Betrachtung des längerfristigen Anstiegs des Meeresspiegels zum Beispiel lässt man die Modellrechnungen bis zum Jahre 2300 laufen. So etwas sollte auf keinen Fall verwechselt werden mit der Wettervorhersage für die nächsten Tage.
Wie jeder weiß, ist die Wettervorhersage schon für den zehnten Tag absolut wertlos. Anders bei Klimamodellen, für die die täglichen Wettervariationen überhaupt keine Rolle spielen, denn hier zählen allein die allgemeinen Trends beispielsweise mit Blick auf die Häufigkeit von Starkregen, der Zahl an Tagen mit extrem hoher Trockenheit oder Temperatur und so weiter.
Für Levante ist es allerdings nicht möglich, genaue Vorhersagen für Einzelereignisse auszugeben, aber der Rechner klärt uns darüber auf, in welchen Regionen ab wann mit welchen extremen Wetterphänomenen vermehrt zu rechnen ist. Wenn das Programm zum Beispiel die Aussage machen würde, dass der Oberrheingraben in 15 bis 20 Jahren durchschnittlich alle zwei Jahre massiv überflutet sein wird, dann könnten wir schon heute entsprechende Maßnahmen bis hin zu umfangreichen Umsiedlungen von Menschen einleiten.
Kurzer Blick auf die technischen Daten des Supercomputers
Die HLRE-4 von der Firma Atos gehört zur sechsten Rechnergeneration am DKRZ und besteht aus insgesamt 2.832 Rechnerknoten, die jeweils mit zwei Prozessoren ausgestattet sind. Alle zusammen können pro Sekunde 14 Billiarden mathematische Operationen ausführen. Hinzu kommen noch weitere 60 Knoten mit jeweils vier Hochleistungsgrafikprozessoren, die zusätzliche 2,8 Billiarden mathematische Operationen, ebenfalls pro Sekunde, durchführen können. In Summe stehen mehr als 370.000 Prozessorkerne und ein Arbeitsspeicher von über 800 Terabyte zur Verfügung.
Ein solcher Rechner hat natürlich seinen Preis, der sich auf rund 32 Millionen Euro beläuft. Da zu seiner Installation sogar Umbauten am Gebäude vorgenommen werden mussten, kostete das Gesamtprojekt in etwa 45 Millionen Euro.
Können wir uns auf die Klimavorhersagen wirklich verlassen?
Es geht genau genommen um Szenarien auf der Basis vieler Wenn-dann-Beziehungen, was ja in der Natur der Sache liegt. Das Klima wird sich in dieser Weise verändern, wenn wir weiter so verfahren wie bisher. Jawohl, solche Aussagen sind ziemlich verlässlich, weil die Zukunft sogleich bis zu 50-mal mit geringfügig veränderten Steuerparametern durchkalkuliert wird. Zudem wird die Qualität der Modellrechnungen stets dadurch kontrolliert, dass sie auch in der Lage sein müssen, die Vergangenheit der letzten 100 Jahre einigermaßen plausibel abzubilden.
Levante betrachtet dabei Flächenelemente von nur 1 x 1 Kilometer, was eine noch nie da gewesene Auflösung darstellt. Aber auch in vertikaler Richtung wird die Atmosphäre besonders fein untergliedert. Damit steht eine digitale globale 3-D-Kopie der Atmosphäre zur Verfügung, deren Film fast beliebig schnell hin und her gespult werden kann.
Tatsächlich ist Klimaforschung nichts für Angsthasen, denn so manche Region auf der Erde wird in Zukunft unbewohnbar sein. Unser Klima vollzieht gerade in atemberaubender Geschwindigkeit eine Rückwärtsrolle des Klimas bis in jene Zeit vor fünf Millionen Jahren, als der Meeresspiegel bis zu 25 Meter höher lag als heute.
Auch ohne Levante lehrte uns Svante Arrhenius schon 1896 den Treibhausgaseffekt von Kohlenstoffdioxid. Wir müssen also so schnell wie möglich die Emissionen dieses Gases stoppen. Stattdessen entlassen wir immer mehr davon in die Atmosphäre. Darüber hinaus führen wir gegeneinander immer mehr Kriege mit Panzern und Raketen und lassen ein Tanklager nach dem anderen explodieren. Das ist alles andere als schlau in dem gegenwärtigen dramatischen Klimaszenario.
Selbst wenn die Menschheit schon ab morgen kein einziges Gramm CO2 mehr ausstoßen würde, denken wir uns die unselige Lobby der Öl- und Gasindustrie einmal weg, würde die globale Erwärmung dennoch mehrere Jahrzehnte weitergehen, das nennt man Nachhalleffekt. Wir kennen diesen ganz konkret, denn nach dem im Montreal-Protokoll von 1987 fixierten Verbot der Fluorkohlenwasserstoffe (FCKW) brauchte die Ozonschicht noch rund 20 Jahre, bis sie sich messbar regenerieren konnte.
Es ist leider extrem schwer, jetzt vermeintlich ökonomisch schmerzhafte Entscheidungen zu treffen, die erst in 30 Jahren unserem Klima bekömmlich sind. Dabei würden uns genau diese Entscheidungen sofort zum Vorteil gereichen: Unsere Straßen wären leerer und leiser, die Luftqualität würde sich sehr schnell verbessern und im Supermarkt hätte so gut wie alles Bioqualität. Dafür müssen aber die Politiker mit vereinten Kräften weltweit die Weichen stellen. Allein, mit den käuflichen Pappnasen, die sich jetzt für die Elite halten, wird es nicht gehen.
Beitragsbild: pixabay.com – Gerd Altmann
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