KI und Atomkraft: Wie Tech-Konzerne den Stromhunger ihrer Rechenzentren decken
Die Künstliche Intelligenz (KI) hat eine neue Ära eingeläutet – eine, die von unersättlichem Stromhunger geprägt ist. Um diesen Energiebedarf zu decken, setzen Tech-Giganten wie Amazon, Google und Microsoft zunehmend auf Kernkraft. Die Renaissance der Atomenergie, einst als überholt geglaubt, wird durch milliardenschwere Investitionen und staatliche Hilfen vorangetrieben. Doch diese Entwicklung wirft grundlegende Fragen auf: Ist die Wiederbelebung alter Reaktoren eine kluge Antwort auf die Energiekrise, die der KI-Boom verursacht? Und was bedeutet das für die ungelösten Probleme der Atomkraft?
Microsoft und der „Zombie-Reaktor“ von Three Mile Island
Das Atomkraftwerk Three Mile Island (TMI) in Pennsylvania ist historisch belastet. 1979 ereignete sich in Block 2 ein schwerer Störfall: Eine partielle Kernschmelze, die hunderttausende Menschen zur Evakuierung zwang, gilt bis heute als einer der folgenschwersten Unfälle in der kommerziellen Nutzung der Atomenergie in den USA. Block 1 hingegen lief weiter – bis 2019, als auch dieser aus wirtschaftlichen Gründen stillgelegt wurde.
Doch jetzt kehrt Block 1 zurück. Microsoft hat zugesagt, 20 Jahre lang Strom aus dem reaktivierten 866-Megawatt-Reaktor zu beziehen. Ab 2028 soll der „Zombie-Reaktor“ wieder ans Netz gehen. Das Unternehmen benötigt die Energie für seine KI-Rechenzentren, die einen exponentiell steigenden Strombedarf haben. Laut Experten verbraucht eine einzelne Anfrage bei ChatGPT sechs- bis zehnmal mehr Strom als eine Google-Suche. Dieser Energiehunger bringt die Grenzen der erneuerbaren Energien ins Spiel, deren Produktion wetterabhängig schwankt. Atomkraftwerke hingegen liefern verlässlich rund um die Uhr.
Der KI-Boom und seine Konsequenzen
Die Künstliche Intelligenz hat nicht nur die Tech-Industrie revolutioniert, sondern auch die Energiefrage verschärft. Rechenzentren, die für KI-Anwendungen betrieben werden, haben sich zu regelrechten Stromfressern entwickelt. Allein in den USA gibt es über 5.000 große Rechenzentren – mehr als in jedem anderen Land. Ihr Energieverbrauch wird sich bis 2026 verdoppeln, prognostiziert die Internationale Energie-Agentur (IEA). Damit drohen Überlastungen der Stromnetze und Engpässe in der Versorgung.
Um sich unabhängiger von bestehenden Netzkapazitäten zu machen, setzen Tech-Konzerne auf Kernenergie. So hat Amazon im März 2024 ein Rechenzentrum in Pennsylvania gekauft, das direkt neben einem alten Atomkraftwerk liegt. Für die Übernahme zahlte der Konzern 650 Millionen Dollar. Auch Google investiert in die Atomkraft: Die Alphabet-Tochter hat einen Vertrag mit dem Start-up Kairos Power geschlossen, das bis 2030 bis zu sieben Mini-Atomkraftwerke bauen soll. Diese modularen Reaktoren sollen direkt neben den Datenzentren errichtet werden und eine dezentrale Energieversorgung ermöglichen.
Mini-Reaktoren als Hoffnungsträger?
Die Mini-Meiler von Kairos Power sollen mit geschmolzenem Fluorid-Salz gekühlt werden, das nicht verdampft und so den Druck im System niedrig hält. Als Brennstoff dient der innovative TRISO-Brennstoff, der selbst bei extremer Hitze stabil bleibt. Diese Technologie verspricht, sicherer und günstiger als herkömmliche Atomkraftwerke zu sein. In Wyoming hat das Unternehmen TerraPower – finanziert von Bill Gates – bereits mit dem Bau eines Testreaktors begonnen. Auch X-Energy, ein weiteres Nuklear-Start-up, plant bis 2030 den Bau eines Reaktors in Texas, um ein Chemiewerk zu versorgen.
Doch diese Mini-Reaktoren haben einen entscheidenden Nachteil: Sie produzieren im Verhältnis zur erzeugten Energie mehr Atommüll als große Kernkraftwerke. Die USA verfügen bereits über 92.500 Tonnen radioaktiven Abfalls, und jährlich kommen weitere 2.000 Tonnen hinzu. Ein Endlager gibt es bislang nicht.
Der Preis der Atomkraft-Renaissance
Kernenergie mag eine Lösung für den gigantischen Strombedarf der Tech-Industrie sein, doch sie ist keine günstige. Der Bau neuer Atomkraftwerke ist mit enormen Kosten verbunden. Das 2023 in Georgia fertiggestellte AKW „Vogtle“ verschlang 17 Milliarden Dollar mehr als geplant. Solche Projekte sind ohne staatliche Subventionen kaum realisierbar. In den USA hat der Steuerzahler bereits drei Milliarden Dollar für die Entwicklung von Mini-Reaktoren wie denen von TerraPower und X-Energy aufgebracht.
Auch das Atommüllproblem bleibt ungelöst. Während die Technologie Fortschritte macht, hinkt die Entsorgung der radioaktiven Abfälle weit hinterher. Die Frage, wie sicher die neuen Reaktoren tatsächlich sind, wird in der Euphorie über ihre vermeintlichen Vorteile oft übergangen.
Eine Energiezukunft mit Risiko
Die Tech-Konzerne haben sich ambitionierte Klimaziele gesetzt: Microsoft will bis 2030 klimaneutral werden, Google bis 2035. Doch der KI-Boom hat diese Pläne auf eine harte Probe gestellt. Der Griff zur Atomkraft mag kurzfristig eine Lösung bieten, doch er verschiebt die Probleme nur in die Zukunft. Die USA befinden sich am Beginn einer neuen Atomära, angetrieben von den Visionen der Tech-Industrie. Doch diese Renaissance hat ihren Preis – und die Rechnung wird nicht nur von den Unternehmen, sondern auch von der Gesellschaft getragen.
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Beitragsbild: pixabay.com – Wolfgang-1958
Dieser Beitrag wurde am 30.01.2025 erstellt.
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