Bei den folgenden Erläuterungen zum Fracking beziehen wir uns auf einen etwas älteren Geo-Artikel, der die Grundlagen und Problematik des Verfahrens recht gut zusammenfasst:
Wie funktioniert Erdgasförderung mit Fracking?
Wird es angebohrt, strömt es direkt von selbst nach oben. Von unkonventionellen Lagerstätten ist die Rede, wenn das Gas in dichteren Schiefergesteinen oder Kohleflözen ziemlich fest gebunden ist.
Um Gas aus solchen quasi undurchlässigen Gesteinen herausholen zu können, wurden die Fracking-Verfahren entwickelt, was noch immer im Gange ist. Entsprechend wird in diesem Zusammenhang auch von „unkonventionellem Erdgas“ gesprochen. Weil es sich bei den infrage kommenden Gesteinen meistens um Tonsteine handelt, hat sich die Bezeichnung Schiefergas eingebürgert.
Damit unkonventionelles Gas überhaupt befreit werden kann, muss das Gestein zunächst „aufgebrochen“ werden. Zu diesem Zweck muss der Bohrer mehrere Tausend Meter in die Tiefe hinab geführt werden, um dann in einem langen Bogen umgelenkt horizontal in die gasführende Schicht einzufahren. Die modernen Bohrverfahren und Bohrköpfe geben solche Manöver her.
Das Fracking besteht nun darin, dass eine spezielle Emulsion durch das Bohrgestänge mit Drücken bis über 1000 bar gepresst wird. Die Emulsion setzt sich aus Wasser, Quarzsand und/oder Keramikkügelchen und verschiedenen Chemikalien, die in aller Regel als Betriebsgeheimnis gehütet werden, zusammen.
Durch den enormen Druck dieser leicht viskosen Flüssigkeit wird das tiefe Sedimentgestein tatsächlich aufgesprengt. Die winzigen Festkörperchen verhindern im Verein mit den Chemikalien, dass die entstandenen Risse im Gestein wieder „verheilen“.
Das Umweltbundesamt (UBA) weiß zu berichten, dass mindesten 17 der dabei eingesetzten Chemikalien wassergefährdend sind und weitere 38 dieser Substanzen sind für Menschen toxisch. Daher müssen die Bohrfirmen strikt darauf achten, dass davon absolut nichts ins Grundwasser gerät, was nicht trivial ist.
Quelle: MagentaGreen – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=37417557
Zum ersten Mal wurde ein solches Verfahren 1949 in den USA eingesetzt. Seit 2005 wird es nun in großem Stil genutzt und hat in Nordamerika einen regelrechten Gas-Boom ausgelöst. In Deutschland wurden seit 1961 bereits circa 300 Fracking-Maßnahmen durchgeführt. Den ersten Fracking-Test führte die Firma ExxonMobil im Jahre 2008 nahe der niedersächsischen Ortschaft Damme aus, um unkonventionelles Gas aus Tongestein zu fördern. Ein Erfolg hat sich aber nicht eingestellt.
Reden wir jetzt über Chemie
Die ominösen chemischen Zusätze sollen das Gemisch aus Wasser und Quarzsand möglichst homogen halten und jegliche Keime darin abtöten. Ein Bericht an den US-Kongress enthält immerhin circa 750 verschiedene Chemikalien, die in diesem Zusammenhang benannt wurden, giftige und nachweislich krebserregende Substanzen inbegriffen.
Die zur Anwendung kommenden Chemie-Cocktails unterliegen keiner Veröffentlichungspflicht, auch in Deutschland nicht. ExxonMobil ist das einzige deutsche Gas-Unternehmen, das freiwillig Auskunft gibt über die eingesetzten Substanzen:
- Wasser plus Sand oder Keramikkügelchen: 95 bis 99,8 Prozent
- bis zu 30 verschiedene Chemikalien: < 0,2 Prozent
Das Unternehmen beteuert, dass all diese Substanzen weder umweltgefährdend noch giftig seien. Sie würden auch kein Gefahrgut darstellen und sind daher gemäß dem deutschen Chemikalienrecht nicht kennzeichnungspflichtig.
Schauen wir hier mal etwas genauer hin
Im Jahre 2012 veröffentlichte das UBA dazu ein interessantes Gutachten. Darin geht es um die Inhaltsstoffe der verpressten Flüssigkeit bei drei Fracks an der Bohrung Damme 3:
- 000 Kubikmeter Wasser
- 588 Tonnen Stützmittel
- 20 Tonnen Additive
Jene Additive enthielten 460 Kilogramm Biozide. Es wurden in diesem Zusammenhang etwa 80 Sicherheitsdatenblätter ausgewertet (mehr waren nicht verfügbar) mit diesen Ergebnissen:
- 6 Zubereitungen mussten als giftig eingestuft werden
- 6 weitere als umweltgefährlich
- 25 als gesundheitsschädlich
- 14 waren reizend
- 12 ätzend
Diese Risiken birgt Fracking
Ein Teil des giftigen Frack-Cocktails wird an der Bohrstelle als „Flowback“ zurückgewonnen, aber der Rest verbleibt in den dunklen Tiefen der Sedimentgesteine. Umweltschützer befürchten, dass diese Flüssigkeiten mit der Zeit über Klüfte, Risse und Spalten unkontrolliert nach oben in die darüber liegenden Grundwasserleiter (Aquifere) eindringen können. Das kann auch dann noch passieren, wenn es die verursachenden und verantwortlichen Unternehmen gar nicht mehr gibt.
Aber auch vom Flowback geht eine erhebliche Gefährdung aus, weil Bohrloch-Ummantelungen nicht in jedem Fall hundertprozentig dicht sind. Das bedeutet, dass die giftige Brühe direkt in obere Aquifere eindringen kann, die die Wasserwerke als Trinkwasserquellen nutzen.
Einen völlig unkontrollierbaren Austritt von Erdgas und Flowback, einen sogenannten Blowout, gab es zum Beispiel im April 2011 in Bradford County in Pennsylvania. Ganze zwölf Stunden lang schoss das toxische Gemisch über die angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzflächen.
Entsorgung des Flowbacks
Die sogenannte Disposal-Bohrung ist dafür so gängig wie beliebt, weil kostengünstig. Dabei wird der Gift-Cocktail einfach in einer anderen ausgedienten Bohrung „deponiert“.
Zwei amerikanische Wissenschaftler, ein Professor für Molekularmedizin und eine Tierärztin, haben dieses Vorgehen bereits 2012 mit diesen Worten scharf kritisiert:
„Ohne eine gründliche Forschung wird der globale Gasboom zu einem gigantischen, unkontrollierbaren Gesundheitsexperiment.“
Schiefergasförderung in Deutschland
Ein Antrag auf dessen Verbot durch die SPD, die Grünen und die Linken scheiterte Ende 2012 im Bundestag. Dennoch wird in Deutschland kein Schiefergas gewonnen. Dies liegt vorrangig am Widerstand der jeweils ortsansässigen Bevölkerung. Die Zeichen der Zeit stehen nun allerdings eher auf Umdenken.
Anfang 2013 kam es zu einem Gesetzentwurf zur Legalisierung der Schiefergasgewinnung, allerdings mit Auflagen. So soll im Vorfeld von Fracking-Aktivitäten stets eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) obligatorisch sein, wobei Wasserschutzgebiete generell außen vor bleiben müssen. Wir wissen aber auch, dass trotz oder gerade wegen der gefälligen UVPs im nordrhein-westfälischen Braunkohletagebau ganze Landschaften ausgehöhlt worden sind.
Wie viel Schiefergas gibt es eigentlich?
In den USA wird seit Jahren gefrackt, was das Zeug hält. Das passiert an ungefähr einer halben Million Bohrlöchern in 30 Bundesstaaten. Seit 2006 ist dort die Gas-Produktion um knapp 25 Prozent gestiegen.
Allerdings vermeldete das staatliche U.S. Geological Survey 2011, dass die riesige gasführende Marcellus-Formation, welche gleich mehrere Bundesstaaten überquert, möglicherweise nur zehn Prozent jener Gasmenge liefern wird, die einst als förderbar ausgewiesen worden war.
Experten der BGR (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe) schätzen die deutschen Vorkommen an unkonventionellem Gas auf 0,7 bis 2,3 Billionen Kubikmeter. Unsere konventionellen Erdgasressourcen betragen im Vergleich dazu nur 0,15 Billionen Kubikmeter. Allein, der Aufwand und das Maß an Umweltgefährdung sind beim Fracking unvergleichlich.
Welchen Beitrag liefert Schiefergas zum Klimawandel?
Auf eine bestimmte Energiemenge bezogen setzt Erdgas bei seiner Verbrennung tatsächlich weniger CO2 als Kohle frei. In einer Studie des Jahres 2011 kommen amerikanische Wissenschaftler aber zu dem Ergebnis, dass der CO2-Footprint von Schiefergas deutlich schlechter ist als jener von Kohle. Über einen Betrachtungszeitraum von 20 Jahren macht der Fußabdruck von Gas sogar mehr als das Doppelte aus.
Fracking hat eine ganz verheerende Klimabilanz
Erdgas besteht zum größten Teil aus Methan, das ungefähr 20-mal klimaschädlicher als Kohlendioxid ist. Davon entweichen im Zuge der Arbeiten am Bohrloch und dann auch bei der Schiefergasförderung enorme Mengen, das können schätzungsweise um acht Prozent der geförderten Gesamtmenge sein.
Auch aus den schon längst aufgegebenen Fracking-Bohrlöchern entweicht noch lange Zeit Methan. In Pennsylvania haben sich Menschen die Mühe gemacht, das Ausmaß an circa 150.000 solcher verwaisten Bohrlöcher zu dokumentieren.
Fracking wird zurzeit geradezu als Allheilmittel gehandelt
Fracking bedeute Unabhängigkeit von Russland und den Golfstaaten, Energie-Autarkie auf lange Sicht und vieles mehr. Dabei haben Geologen von der University of Texas in Austin nachgewiesen, dass bereits ab 2020 der Niedergang der amerikanischen Gasproduktion eingeläutet wird. Fracking droht zu einer gigantischen internationalen Fehlinvestition zu werden. Jetzt noch (politische) LNG-Terminals an Deutschlands Küsten aus dem Marschland zu stampfen, ist wissentlich rausgeschmissenes Geld. Dass Schiefergas aus den USA eben keine Alternative zu russischem Gas per Nord Stream 2 ist, habe ich in einem kürzlich erschienenen Artikel eingehend erläutert.
Trotz des zunehmenden Widerstandes gegen die riskante Fracking-Technik verharren die Politiker in den USA stur auf dieser umstrittenen Methode. Der Republikaner Donald Trump behauptete 2012 in einem Tweed, dass der Klimawandel lediglich eine Erfindung der Chinesen sei, um der Wirtschaft der USA zu schaden. Ja, auf diesem Niveau befinden sich tatsächlich die Gemüter in den USA. So nimmt es nicht wunder, dass jene Regionen, die vom Fracking-Boom profitieren, zugleich Hochburgen der Republikaner sind.
Dieser Beitrag wurde am 07.11.2022 erstellt.