Die Erde wird heißer. Viel heißer. Und die Ursache liegt nicht nur im allgegenwärtigen Kohlendioxid (CO₂). Ein anderes Treibhausgas, Methan, betritt die Bühne der Klimakrise mit alarmierenden Konsequenzen. Methan ist etwa 80-mal so klimaschädlich wie CO₂, wenn man seine Wirkung auf eine Zeitspanne von 20 Jahren betrachtet, und seine Konzentration in der Atmosphäre steigt rapide. Die Weltwetterorganisation (WMO) warnte jüngst vor den verheerenden Folgen dieses Anstiegs – ein Weckruf, der nicht ignoriert werden darf.
Eine explosive Entwicklung
Die Messungen der WMO zeigen: Seit Beginn der 2020er-Jahre hat sich die Methankonzentration in der Atmosphäre drastisch erhöht. Besonders 2021 stach hervor – mit einem Anstieg von 18 ppb (parts per billion, also 18 Methanmolekülen pro einer Milliarde Moleküle). Damit lag der Methangehalt erstmals bei über 1.900 ppb, was dem Dreifachen des vorindustriellen Niveaus entspricht. Die Frage nach den Ursachen ist komplex, doch Wissenschaftler haben begonnen, das Rätsel zu entschlüsseln.
Die Spur der Isotope
Eine US-amerikanische Studie untersuchte den „Fingerabdruck“ von Methan-Isotopen, um die Quellen der Emissionen aufzudecken. Diese chemischen Marker unterscheiden etwa Methan aus Biogasanlagen von dem, das aus Mooren oder Permafrostböden entweicht. Das Fazit: Der Anstieg ist vor allem auf mikrobielle Quellen zurückzuführen, wie sie in tropischen und subtropischen Feuchtgebieten vorkommen. Die Mikroorganismen in diesen Biotopen produzieren Methan besonders dann, wenn die Temperaturen steigen. Eine aktuelle Studie aus 2023 zeigt sogar, dass die Erderwärmung inzwischen einen Punkt erreicht hat, an dem sie sich selbst weiter beschleunigt.
Landwirtschaft und Permafrost als Methan-Schleudern
Deutschland trägt etwa sechs Prozent zur weltweiten Methanproduktion bei, vor allem durch den Agrarsektor. Mikrobielles Methan entsteht bei der Zersetzung organischen Materials – sei es durch Bakterien im Boden, in Gülle oder in den Mägen von Wiederkäuern. Doch es sind nicht nur Feuchtgebiete, die gefährlich viel Methan freisetzen. Eine der größten Bedrohungen geht von den tauenden Permafrostböden in Sibirien, Kanada und Alaska aus. Mit der Erderwärmung verschiebt sich die Grenze des Permafrosts immer weiter nach Norden. Im tauenden Boden zersetzen Mikroben die über Jahrtausende eingefrorenen Pflanzenreste und Kadaver – und setzen dabei Unmengen an Methan frei. Eine Studie von Anfang 2022 prognostiziert, dass Skandinavien bereits ab 2040 komplett permafrostfrei sein könnte.
Methanlecks: Eine unsichtbare Gefahr
Doch Methan entweicht nicht nur aus natürlichen Quellen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) untersuchte kürzlich Biogasanlagen, LNG-Terminals und Gasverdichterstationen in Deutschland. Das Ergebnis: Jeden Tag entweichen erhebliche Mengen Methan unkontrolliert in die Atmosphäre. Die Problematik solcher Methanlecks ist bekannt, doch deren Kontrolle bleibt mangelhaft, wie auch ein Bericht zu Methanlecks in der Öl- und Gasindustrie zeigt.
Gashydrate: Eine tickende Zeitbombe
Eine weitere, oft übersehene Methanquelle sind Gashydrate – gefrorene Verbindungen aus Methan und Wasser, die sich in den Tiefen der Ozeane und in Permafrostböden befinden. Unter hohem Druck und niedrigen Temperaturen bilden sie stabile Strukturen, die riesige Mengen Methan speichern. Doch wenn diese Gashydrate durch die Erderwärmung destabilisiert werden, drohen explosionsartige Entgasungen, die unkontrollierbare Mengen Methan freisetzen können. Der Krater auf der Halbinsel Yamal, der 2014 entdeckt wurde, ist nur ein Beispiel für solche Phänomene.
Die Ohnmacht der Politik
Die weltweite Temperatur hat sich im Jahr 2023 im Durchschnitt fast um 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit erhöht. Das Jahr 2024 könnte diese Marke endgültig überschreiten. Der UN-Generalsekretär António Guterres spricht von einem „Klimazusammenbruch“. Dennoch bleibt die Politik weitgehend untätig. Die Klimakonferenz COP29 in Baku wird wohl erneut nur leere Versprechen liefern. Wissenschaftler wie Mojib Latif und Anders Levermann mahnen, dass ohne eine sofortige, vollständige Reduktion der Emissionen die Temperatur weiter steigen und extreme Wetterereignisse zunehmen werden. Doch die geopolitischen Spannungen – etwa der Krieg in der Ukraine – lenken die Aufmerksamkeit der Staaten in eine andere Richtung.
Ein kranker Wald, eine kranke Welt
Auch der deutsche Wald, einst eine wichtige Kohlenstoffsenke, hat sich zur CO₂-Quelle gewandelt. Der Klimawandel setzt ihm so stark zu, dass er seine Aufgabe, CO₂ zu binden, nicht mehr erfüllen kann. Gleichzeitig treiben die Ozeane mit ihren steigenden Temperaturen die Erderwärmung an, indem sie riesige Mengen Wärmeenergie speichern und verteilen. Das EU-Programm Copernicus liefert erschütternde Daten, die die Dramatik der Lage verdeutlichen.
Fazit: Die Zeit läuft ab
Methan ist mehr als nur ein Nebenakteur in der Klimakrise – es ist ein Brandbeschleuniger. Die Kombination aus natürlichen und anthropogenen Quellen hat einen Teufelskreis ausgelöst, der nur durch radikale Maßnahmen durchbrochen werden kann. Doch während die Wissenschaft alarmiert auf die Daten blickt, scheint die Menschheit in ihrer Bequemlichkeit gefangen. Die Frage ist nicht mehr, ob wir unsere Lebensweise anpassen müssen, sondern wie schnell wir das tun können, bevor es zu spät ist.
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Beitragsbild: pixabay.com – MonicaMaxWest
Dieser Beitrag wurde am 07.02.2025 veröffentlicht.