Klima – Müssen wir auf Fleisch verzichten?

Fakt ist, dass uns und den ganzen Planeten unsere Ernährungsweise nachhaltig krank macht. Daher fordern immer mehr Menschen eine ganz generelle Ernährungswende. Susanne Rolinski und Benjamin Bodirsky sind am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung tätig und wissen, wie eine nachhaltige Ernährungsweise aussehen müsste. Was dabei vielleicht etwas erstaunen mag, ist ihre These, dass ein totaler Verzicht auf Fleischkonsum gar nicht unbedingt erstrebenswert ist.

Ungefähr ein Drittel der globalen Treibhausgasemissionen geht Schätzungen zufolge auf das Konto des Ernährungssystems. Zehn bis 15 Prozent davon verursacht die Landwirtschaft, zum Beispiel der Reisanbau oder die Viehzucht. Weitere zehn Prozent ergeben sich durch Rodungen und die Trockenlegungen von Mooren zur Erzeugung weiterer Ackerflächen. Ebenfalls zehn Prozent tragen der Transport, die Kühlung, die Zubereitung und die Entsorgung von Lebensmitteln bei. Die Produktion von Düngemitteln ist darüber hinaus auch mit circa zehn Prozent beteiligt. Was dabei aber besonders zu Buche schlägt, ist das Verhalten der Konsumenten.

Jeder von uns entscheidet jeden Tag darüber, was und wie viel er kauft, aber auch darüber, wo beziehungsweise bei wem er das macht. Dabei hat der Staat durchaus Hebel in der Hand, das Ganze zu steuern, zum Beispiel mit der Mehrwertsteuer. Damit lassen sich Anreize schaffen, vermehrt pflanzliche Nahrungsmittel zu konsumieren, was ein Zurückdrängen des viel zu hohen Fleischkonsums mit seinem riesigen ökologischen Fußabdruck bedeuten würde.

Aus den Perspektiven der Ernährung und der Landnutzung ist es allerdings nicht einmal erstrebenswert, dass die Menschen ganz und gar auf Fleisch verzichten. Gerade in Ökobetrieben kommt den Tieren eine wichtige Rolle zu. Beispielsweise liefern sie organischen, natürlichen Dünger für die Felder. In Deutschland wäre schon viel erreicht, wenn wir die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsforschung umsetzen würden und im Durchschnitt pro Kopf höchstens 30 kg Fleisch pro Jahr verbrauchen würden. Zurzeit kommen wir auf in etwa den doppelten Betrag.

Weltweit betrachtet können natürlich nicht alle Menschen ihren Fleischkonsum reduzieren, denn dies würde unmittelbar eine bedrohliche Unterernährung zur Folge haben.

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Wie könnte eine nachhaltige Ernährung aussehen?

Genau mit dieser Frage beschäftigen sich verschiedene Institutionen und Kommissionen. Eine besonders umfassende Studie wurde von der EAT Lancet Kommission veröffentlicht. Darin wurde Wert darauf gelegt, gesunde Ernährung mit minimaler Umweltbelastung in Einklang zu bringen. Fleisch wurde dabei mitnichten ausgeklammert, aber andere proteinhaltige Lebensmittel wie Hülsenfrüchte und Nüsse bekamen darin einen viel höheren Stellenwert. Die Kernbotschaft ist, dass wir unseren Proteinbedarf stets aus verschiedenen Quellen decken sollen. Nachhaltige Ernährung bedeutet immer Diversität.

Welche Rolle kommt Fleischersatzprodukte dabei zu?

Tatsächlich haben Fleischersatzprodukte trotz industrieller Produktion einen deutlich günstigeren „Umweltfußabdruck“ als ihre tierischen Pendants. Beim Fleisch fällt oft der Begriff „Veredelung“, womit aber das Problem angesprochen wird, dass sehr viele pflanzliche Kalorien erforderlich sind, um daraus eine einzige Kalorie aus Fleisch zu generieren.

So wird zum Beispiel ein großer Teil des Soja-Anbaus in der Tierhaltung verfüttert. Würden diese Sojaprodukte direkt als Nahrungsmittel angeboten werden, so könnten viel mehr Menschen satt gemacht werden als mit dem Fleisch, das auf der gleichen Sojamenge basiert. Auch die damit verbundene Umweltbilanz würde deutlich günstiger ausfallen. Im Übrigen wird den Fleischersatzprodukten auch gesundheitlich eine zumindest leicht bessere Bewertung zugeordnet.

Unsere Proteinversorgung ist kein Problem

Mit Blick auf unsere Proteinversorgung stellt Hühnereiweiß sozusagen den Goldstandard dar, weil es exakt jene essenziellen Aminosäuren enthält, die unser Körper dringend braucht. Wir sollten uns aber darüber im Klaren sein, dass eine geeignete Kombination aus verschiedenen pflanzlichen Produkten eine ebenso gute Proteinquelle sein kann. Im Fokus stehen hierbei durchaus heimische Proteinquellen wie Hülsenfrüchte und Nüsse. Wer Bananen und Reis zusammen verzehrt, zieht einen Vorteil daraus, dass sich die Proteine beider Nahrungsmittel sehr gut ergänzen.

In Deutschland haben wir weniger ein Problem mit Proteinquellen als mit einer ausreichenden Versorgung des Organismus mit Ballaststoffen. Auch dies ließe sich mit mehr pflanzlichen Nahrungsmitteln hervorragend bewältigen.

Mikroorganismen als Proteinproduzenten

Inzwischen wird an und mit Technologien gearbeitet, die für die Herstellung von Proteinen keine Landflächen mehr benötigen. In diesem Rahmen werden in großen Tanks spezielle Mikroorganismen gezüchtet. Dabei handelt es sich um Bakterien, Pilze oder Algen. Hierbei lässt sich die Zusammensetzung der Proteine recht genau steuern und Antibiotika braucht man dafür nicht. Auf diese Weise könnte eines Tages auf Soja als Tierfutter verzichtet werden.

Erste Produkte dieses Genres gibt es schon, was bereits viele Start-ups auf den Plan gerufen hat. Eine gewisse Kehrseite der Medaille liegt in dem damit verbundenen starken Gewicht bei der industriellen Nahrungsmittelproduktion ohne Landwirtschaft. Hierin liegt nämlich ein großes disruptives Potenzial für unser Ernährungssystem, das wir im Auge behalten müssen.

Zur Lösung unserer Probleme sind massive Veränderungen sowohl auf der Produktions- als auch auf der Nachfrageseite erforderlich. Zum ersten Punkt gehört, dass wir wieder ein ganz großes Augenmerk auf die Moorböden legen. Deren Trockenlegung war und ist eine starke Quelle für Treibhausgasemissionen. In der Landwirtschaft müssen wir endlich weg von dem immensen Stickstoffüberschuss durch Überdüngung.

Auf der Seite der Konsumenten muss dafür gesorgt werden, dass diese sich endlich gesünder ernähren (können). Das fängt bei der Preisgestaltung (Stichwort Mehrwertsteuer) an und zieht sich weiter über die Kantinen, die noch immer nicht genügend preiswerte vegetarische Optionen im Angebot haben. Und dann ist da noch das ganz große Thema Krankenhaus- und Seniorenheimverpflegung.

Ist Vegetarismus nur in Deutschland auf dem Vormarsch oder sogar weltweit?

Die Menge an Fleisch, die konsumiert wird, ist immer auch ein Maß für den Wohlstand. Da Letzterer weltweit steigt, so ist jedenfalls die Bestrebung, wird rein statistisch leider auch der Fleischkonsum zunehmen. In den Ländern, wo viele Menschen mit sehr hohen Einkommen leben, ist diesbezüglich allerdings eine Sättigung in der ansteigenden Kurve des Fleischkonsums zu beobachten. In Deutschland zum Beispiel wurde inzwischen mit rund 60 kg Fleisch pro Kopf und Jahr ein Plateau auf hohem Niveau erreicht.

Doch in jenen Staaten, die sich gerade entwickeln, ist der Trend für das Fleisch ungebrochen. Was also nottut, ist eine ganz massive Änderung beim Image von Fleisch. Bedenken Sie, dass die meisten Vegetarier weltweit in Indien leben (Gesamtbevölkerung ca. 1,5 Milliarden Menschen), aber gerade dort zeigt der gegenwärtige Trend ganz stark in Richtung tierische Produkte.

Das Problem mit dem Stickstoff

Die EU hat gegen Deutschland wegen der zu hohen Stickstoffeinträge ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Sie sah darin die Gefahr der Belastung der Gewässer und der Gefährdung der Biodiversität. Hinzu kommt noch die damit verbundene Luftverschmutzung, weil Ammoniak ein wesentlicher Baustein für Feinstaub ist.

Man schätzt, dass durch die Stickstoffemissionen der Landwirtschaft in Deutschland jedes Jahr circa 15.000 Menschen vorzeitig sterben. Eine Handlungsoption dagegen wäre eine empfindliche Besteuerung der Stickstoffüberschüsse. Dazu sollte man wissen, dass all jene Landwirte, die sich darum bemühen, nachhaltig mit Stickstoff umzugehen, zurzeit einen klaren Wettbewerbsnachteil erleiden.

Im niederdeutschen „Schweinegürtel“ ergab sich das massive Gülleproblem durch jahrelange Subventionen für mehr Effizienz. In der Folge haben die Ställe der Mastbetriebe immer größere Dimensionen angenommen. Der Kapitalismus mit seiner Abhängigkeit von ständigem Wachstum wurde den landwirtschaftlichen Betrieben übergestülpt. Wir müssen endlich verstehen, dass für unsere Landwirtschaft allein ökonomische Maßstäbe falsch sind.

In den Niederlanden ist die verfehlte Politik inzwischen deutlich zum Ausdruck gekommen. Doch als dort 2022 Maßnahmen beschlossen worden sind, um den Stickstoffüberschuss zu senken, hat dies geradezu tumultartige Aufstände ausgelöst. Sogar direkt vor dem Wohnsitz der zuständigen Ministerin wurde protestiert. In der Konsequenz wird niederländische Gülle nun nach Deutschland exportiert, was das Fass hierzulande zum Überlaufen bringt. Damit dies auch möglichst schnell und effizient passiert, schippern deutsche Frachtkähne täglich den schönen Rhein hinunter und versorgen die Niederlande üppig mit Stickstoff. Geht doch!

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Dieser Beitrag wurde am 20.07.2023 erstellt.

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