Klimaerwärmung: Streit unter Wissenschaftlern über die Ursachen
Im Rahmen des internationalen Projektes „PAGES 2k“ (https://pastglobalchanges.org/science/wg/2k-network/intro/) haben 78 Wissenschaftler aus 24 Ländern sieben Jahre lang eine neue Rekonstruktion des Klimas der Erde erarbeitet. Mit 2k sind in diesem Fall die letzten 2000 Jahre gemeint.
Gestartet wurde die internationale wissenschaftliche Organisation „Past Global Changes“ (PAGES), die sich mit der Erforschung vergangener globaler Veränderungen und deren Auswirkungen auf die Umwelt befasst, bereits im Jahre 1991. Dabei fließen die neuesten Erkenntnisse aus der Klimatologie, Geologie, Biologie und Archäologie zusammen. Aus dem Wissen über vergangene Klimaveränderungen sollen Strategien zur Anpassung und Bekämpfung des Klimawandels entwickelt werden.
In die neue Studie, die in Nature Geoscience veröffentlicht wurde, sind immerhin 511 Klimaarchive aus der ganzen Welt eingeflossen, die auf Sedimente, Eisbohrkerne, Pollen, Baumringe, Korallen, Stalagmiten und historische Dokumente gründen. All diese Daten sind übrigens für jeden frei verfügbar. Sie bilden nun die Grundlage für die Klimageschichte der letzten zweitausend Jahre, und zwar für sieben Kontinentalregionen in einer zeitlichen Auflösung von 30-Jahres-Intervallen.
Erwartungsgemäß zeigen die Daten große regionale Unterschiede, denn größere lokale Klimaschwankungen werden zum Beispiel durch Änderungen in der ozeanischen oder atmosphärischen Zirkulation ausgelöst, während sich diese in globalem Maßstab eher weitestgehend wegmitteln. Während zum Beispiel in Grönland im März 2023 rekordverdächtige Temperaturen registriert wurden, war dieser Monat in Deutschland geradezu unterkühlt.
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Die Sonne steht im Zentrum
Änderungen der globalen mittleren Temperatur gehen im Wesentlichen auf Veränderungen der Sonnenaktivität zurück. Auf jedem Kontinent kommt es so zu einem Zusammenwirken der äußeren Energiezufuhr mit sogenannten Forcings wie lokale Vulkanausbrüche oder eben ausgedehnten Smogwetterlagen.
Die Daten zeigen jedenfalls kohärente Signale wie den langfristigen Abkühlungstrend, denn das Mittelalter war tatsächlich relativ warm. Erst im späten 19. Jahrhundert wurde dieser Trend angehalten. Auf kürzeren Zeitskalen sind aber erwartungsgemäß regionale Variabilitäten gut zu erkennen, die dem Gesamttrend zu widersprechen scheinen. Mehrere besonders kalte Phasen korrelieren recht gut mit Sonnenaktivitätsminima und/oder großen Vulkanausbrüchen.
Der Energie-Erhaltungssatz, der zugleich der erste Hauptsatz der Thermodynamik ist, bestätigt, dass die globale mittlere Temperatur immer das Ergebnis des Strahlungsinputs durch die Sonne ist, wobei die Ozeane zu einer thermischen Trägheit führen, also eine Art Pufferwirkung beisteuern.
Die langsame, langfristige Abkühlung, die aber im späten 19. Jahrhundert in eine relativ schnelle Erwärmung umschlug, ist seit gut 15 Jahren wohlbekannt. Diese Temperaturkurve suggeriert dem Betrachter zum Beispiel einen Hockeyschläger, wobei die aktuelle Erwärmung die abgewinkelte Kelle darstellt.
Die klare Korrelation mit den Forcings zeigt, dass die nach oben gerichtete „Kelle“ vor allem dem Anstieg der Treibhausgasmengen in der Atmosphäre folgt. Betrachten wir aber Zeitskalen von mehreren Jahrtausenden, werden die sogenannten Milankovic-Zyklen deutlich. In den höheren Breiten der Nordhalbkugel macht im Sommer die Sonneneinstrahlung den größten Effekt aus, weil hier zusätzlich noch die Albedo-Rückkopplung eine große Rolle spielt.
Durch das Abschmelzen großer Eisflächen wird weniger Strahlung in den Weltraum zurück reflektiert und infolgedessen mehr Energie vor allem in den Ozeanen absorbiert. Auf der Antarktis verhält es sich etwas anders, denn die eisbedeckte Fläche verringert sich dort auf dem Kontinent kaum. Lediglich das Meereis am Rande der Antarktis schwindet etwas. So wurde die langfristige Abkühlung in der Antarktis während der letzten hundert Jahre noch nicht ganz gestoppt.
Der letzte IPCC-Bericht enthält gleich 18 unterschiedliche Modellrechnungen zur Klimaentwicklung der zurückliegenden tausend Jahre. Sie alle zeigen, dass es ohne die Aktivitäten des Menschen die Erwärmung der letzten 150 Jahre nicht gegeben hätte. Die ersten Hockeyschläger-Kurven wurden bereits 1998/99 von Malcolm Hughes, Mike Mann und Ray Bradley in Geophysical Research Letters und Nature veröffentlicht.
Was verbirgt sich hinter der schmutzigen „Hockeyschläger-Debatte“?
Sie ist ein Paradebeispiel einer Diskreditierung, wie sie in den Wissenschaften allenthalben vorkommt. Da ging es um Diffamierung und Einschüchterung von Forschern, sogar Todesandrohungen kamen zum Einsatz. Zunächst erregte die Arbeit von Mann et al. nicht allzu viel Aufmerksamkeit.
Nachdem aber der dritte IPCC-Bericht die Kurve 2001 prominent präsentiert hatte, ging es sogleich mit juristischen Klagen, Rufmord und Drohungen los. Mike Mann erhielt postwendend einen Brief mit weißem Pulver, der unmittelbar die Evakuierung des Universitätsgebäudes erforderlich machte.
Die Autoren Ray Bradlay (2011) und Mike Mann (2012) haben diese Situation in ihren Büchern festgehalten. Auch ZEIT online befasste sich Ende 2012 mit dem Thema.
Im Juli 2004 veröffentlichten Mann et al. ein Corrigendum, das lediglich in der „Supplementary Information“ auf die verwendeten Datensätze hinwies. Die Welt reagierte darauf prompt mit der Bezeichnung „demolierter Hockeyschläger“ und verbreitete so den Eindruck, dass die Kurve nun dahingehend korrigiert worden sei, dass ausgerechnet „die kleine Eiszeit“ im 16. Jahrhundert wärmer war als das 20. Jahrhundert.
In diesem Zuge wurde allerdings (versehentlich?) eine Kurve der beiden kanadischen Klimaskeptiker Steve und Ross McKitrick abgebildet. Ersterer war damals gut 30 Jahre lang für die Bergbauindustrie tätig gewesen und Ross McKitrick arbeitete als Wirtschaftswissenschaftler für einen neoliberalen Think Tank.
Auch der Spiegel titulierte die Hockeyschläger-Kurve im Oktober 2004 im Rahmen eines Interviews mit Hans von Storch als „Quatsch“. Von Storch legte es damals gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Eduardo Zorita darauf an, die von Mann et al. verwendete Rekonstruktionsmethode zu diskreditieren.
Glücklicherweise bemerkten andere Forscher, dass Storch und Zorita fehlerhaft gearbeitet hatten. Bemerkenswert ist es aber schon, dass Zorita inzwischen als Autor in der PAGES 2k Studie gelandet ist und nun ebenfalls (s)einen Hockeyschläger präsentiert.
Offenbar machte das in der Wissenschaft allseits so beliebte Peer Review System überhaupt erst möglich, die vielen vermeintlichen Widerlegungen des Hockeyschlägers in die Welt zu streuen. Ein prominentestes Beispiel dazu ist eine Arbeit von Willie Soon und Sally Baliunas, die 2003 im Journal „Climate Research“ veröffentlicht wurde.
Darin wurde ein Nachweis darüber geführt, dass es im Mittelalter wärmer war als heute, was von der Bush-Administration gern aufgenommen worden war, um jeglichen verhassten Klimaschutzmaßnahmen politisch den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Später wurde dann bekannt, dass Soon über eine Million Dollar von Ölgesellschaften wie Exxon Mobil bekommen hatte. Schließlich mussten sechs Editoren von Climate Research ihren Hut nehmen.
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Anfang 2005 bezeichnete Senator James Inhofe den Klimawandel im Senat als „greatest hoax ever perpetrated on the American people“ und gründete seine Aussage auf der Argumentation von Hans von Storch.
Später bediente sich die radikale Tea Party Bewegung seiner Thesen und beeinflusste die Republikanische Partei damit so nachhaltig, dass die amerikanische Klimapolitik noch heute daran zu knabbern hat.
Noch im Jahre 2005 bestellte der republikanische Hardliner und Vorsitzende im Energie-Ausschuss des US-Repräsentantenhauses Joe Barton ein dubioses Gefälligkeitsgutachten. Wegman, einer der Autoren, wurde später dafür von seiner Universität gerügt und die Fachzeitschrift „Computational Statistics & Data Analysis“ zog daraufhin einen seiner Artikel zurück.
Der Republikaner und Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses Sherwood Boehlert beauftragte die renommierte „National Academy of Sciences“ (NAS) mit einer unabhängigen Untersuchung der Sachverhalte, was schließlich zur vollständigen Rehabilitation von Mann und seinen Kollegen führte.
2006 berichtete die New York Times darüber. Ganz schlecht recherchiert hatte dagegen Spiegel Online, als Axel Bojanowski unter dem Titel Rüpeleien unter Klimaforschern behauptete, dass eine Untersuchung des US-Kongresses die unsaubere Arbeit des Klimaforschers Mike Mann geißelte und ihm sogar „Türstehermethoden“ vorgeworfen wurden, was wohl von Storchs Formulierungskunst entlehnt worden war.
Hier wurde so getan, als stünde im NAS-Bericht exakt jener Unsinn drin, der Wegmann inzwischen zum Stolpern gebracht hatte, gerade so, als hätte Bojanowski die verschiedenen Berichte verwechselt.
Obwohl spätestens seit 2007 an der Hockeyschläger-Kurve kein wissenschaftlicher Zweifel mehr bestand, ließ der Spiegel nicht locker und argumentierte in seinem Artikel „Die Wolkenschieber“ mit „Schlampereien, Fälschungen und Übertreibungen“.
Seit nunmehr über zehn Jahren lässt sich der Spiegel leider von Klimaskeptikern instrumentalisieren. Bereits 2001 erschien dort der Artikel „Die Launen der Sonne“, obwohl die darin zitierte Sonnenkurve in Fachkreisen längst korrigiert worden war, siehe dazu den Zeit-Artikel von Stefan Rahmstorf.
Das Ganze treibt in der Tat merkwürdige Blüten, man sehe sich dazu allein den 10-Punkte-Vergleich zwischen Klimaforschung und Stalinismus von Dennis Bray an, der keinen Unterschied zwischen dem IPCC und Stalins Geheimpolizei Tscheka sieht.
Es bleibt festzustellen, dass beim Spiegel die Klimaskeptiker von Storch, Josef Reichholf und Richard Lindzen zu Fragen des Klimawandels die meist zitierten Wissenschaftler waren. Da nimmt es nicht wunder, dass die kompetenten Fachjournalisten Gerd Rosenkranz und Harald Schumann zum Thema Energiewende beim Spiegel schon längst entnervt das Handtuch geworfen haben.
PAGES 2k im Spiegel
Immerhin hat sich Axel Bojanowski dann 2013 zu dem Artikel „Klimadaten erklären Niedergang von Hochkulturen“ hinreißen lassen. Darin bestätigt er, dass die Blütezeiten des Römischen, aber auch des Deutschen Reiches mit regenreichen Warmzeiten zusammenfallen.
Und auch in Nordamerika scheint aus seiner Sicht die mittelalterliche Warmphase etwas mit „Prosperity“ zu tun zu haben. Zudem erreichte im 13. Jahrhundert die Inkakultur in Süd- und Mittelamerika ihre Blütezeit.
Dass wärmeres Klima sich irgendwie positiv auf die menschliche Gesellschaft auswirkt, wird also nicht infrage gestellt. Dennoch erscheint an späterer Stelle der Hinweis, dass höhere Temperaturen nicht automatisch besseres Klima bedeuten.
Aus den Leserkommentaren von Spiegel online geht jedenfalls ziemlich eindeutig hervor, dass sie PAGES 2k mehrheitlich als Widerlegung der treibenden Wirkung von Kohlendioxid auf das Klima auffassen.
Und der nun nicht mehr bestrittene Hockey-Schläger ist natürlich kein Beleg für den Einfluss des Menschen auf das Klima. Die Spiegel-Tonalität wird im Artikel „Wahn der Weltverbesserer“ recht deutlich.
Kleine Ergänzung
Die britischen Forscher Tim Osborn, Tom Melvin und Keith Briffa haben im Juni 2013 bei „Realclimate“ einen Kommentar zum Thema Baumringrekonstruktion in Nordsibirien lanciert. Auch sie waren einst wie Mann et al. zur Zielscheibe von McIntyre geworden. Der Beitrag der drei Wissenschaftler endet mit den Worten (aus dem Englischen übersetzt):
„Dass die Kritiker eine Reihe von Ergebnissen propagiert haben, die sich als fehlerhaft erwiesen haben, ist bedauerlich, aber an sich kein Grund zur Klage, denn wissenschaftlicher Fortschritt bringt es mit sich, dass Ergebnisse verbessert und überholt werden. Das liegt in der Natur der Sache.
Was jedoch zu verurteilen ist, ist die lange Kampagne von Anschuldigungen der Unredlichkeit und des wissenschaftlichen Betrugs, die auf der Grundlage dieser falschen Behauptungen gegen uns erhoben werden. Das ist ein beunruhigendes Vermächtnis von Steve McIntyre und ClimateAudit.
Der eigentliche Yamal-Betrug ist ihr Versuch, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Wissenschaft zu erschüttern, indem sie spekulative und skandalöse Behauptungen über die Handlungen und Beweggründe anderer Wissenschaftler aufstellen und diese zudem noch als den wahren wissenschaftlichen Fortschritt ausgeben.“
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Dieser Beitrag wurde am 12.08.2023 erstellt.
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