Durch den Betrieb von Atomkraftwerken fällt täglich hochgiftiger, radioaktiver Abfall an. Dieser muss dringend sicher verwahrt werden, und zwar mit einem Zeithorizont von mindestens einer Million Jahren. Aber wie macht man das?

Allein in Deutschland werden mehrere Hunderttausend Tonnen strahlenden Atommülls in unsicheren Hallen und Kavernen „zwischengelagert“. In einigen Fällen handelt es sich um einsturzgefährdete ehemalige Salzbergwerke oder sogenannte Abklingbecken. Nicht zu unterschätzen sind überdies die strahlenden Gase und Stäube, die mit der Abluft und dem Abwasser aus den Atomanlagen direkt in die Umwelt gelangen.

Alle bisherigen Versuche zur dauerhaften sicheren Lagerung des strahlenden Mülls sind kläglich gescheitert. Das ehemalige Salzbergwerk Asse II, gut 8 km südöstlich von Wolfenbüttel gelegen, säuft ab und ist einsturzgefährdet. Der bereits eingelagerte Atommüll muss da unbedingt heraus. Knapp 10 km westlich von Wolfenbüttel befinden sich die Schächte Konrad I und II, die zu einer ehemaligen Eisenerzgrube gehören. Dort findet ein Ausbau für die Lagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle statt, allerdings dringt auch dort schon Wasser ein.

Nur 6 km östlich von Helmstedt befindet sich bereits in Sachsen-Anhalt das Endlager Morsleben, dessen Situation mit der von Asse II gut vergleichbar ist. Seit den 1970er-Jahren wird der Salzstock Gorleben circa 15 km südöstlich von Dannenberg mit Blick auf seine Eignung als Endlager aufwendig wissenschaftlich-technisch erkundet mit dem Ergebnis, dass der Salzstock und sein Hutgestein von unzähligen Rissen und Klüften durchzogen sind und daher ebenfalls direkten Grundwasserkontakt haben.

Im Jahre 2017 wurde das Standortauswahlgesetz (StandAG) verabschiedet, um mit der Suche nach einem wirklich geeigneten Standort innerhalb Deutschlands zur Endlagerung des strahlenden Atommülls sozusagen ganz von vorne anzufangen. Da es aber einen gesellschaftlichen Konsens zum Umgang mit der strahlenden Hinterlassenschaft gar nicht gibt, wird die Endlagerung, ganz egal, wo sie dann stattfinden wird, auch in Zukunft zu massiven Demonstrationen und langwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen führen.

Was wir heute schon wissen, ist, dass das alles viel Geld kosten wird. Daher haben (mussten) die AKW-Betreiber vorausschauend 24 Milliarden Euro in einen staatlichen Fonds eingezahlt. Eine Nachschusspflicht wurde aber, wahrscheinlich sogar absichtlich, versäumt zu vereinbaren. Da das Geld bei Weitem nicht reichen wird, muss der Steuerzahler wieder einmal mehr einspringen.

Trotz allem wurde und wird fleißig Atomstrom produziert

Das Atomgesetz besagte, dass Atomkraftwerke und andere Atomanlagen nur dann betrieben werden dürfen, wenn es sichergestellt ist, dass der entstehende Atommüll „geordnet beseitigt“ werden kann. Da dies ja niemand gewährleisten konnte, wurde das Gesetz 1979 dahingehend industriefreundlich abgemildert, dass der AKW-Betreiber lediglich für die nächsten sechs Jahre den Verbleib des strahlenden Mülls zu klären habe. Die daraufhin beantragten Baugenehmigungen für Zwischenlagerhallen laufen übrigens spätestens in den 2040er-Jahren aus.

Über welche Mengen reden wir hier eigentlich?

Ende 2022 wird in Deutschland auch das letzte noch Strom produzierende AKW abgeschaltet. Dann liegen in unserem Lande ungefähr 17.000 Tonnen hoch radioaktiven Mülls herum, das sind abgebrannte Brennelemente oder Abfälle der Plutonium-Abtrennung. Außerdem dürfen wir circa 600.000 Kubikmeter schwach- bis mittelradioaktive Abfälle unser Eigen nennen. Diese Abfälle befinden sich zumeist direkt an den AKW-Standorten, beim ehemaligen Kernforschungszentrum in Karlsruhe oder auf Halden anderer Sammelstellen.

Das Endlager Morsleben wurde bereits in der DDR genutzt. Dort liegen 37.000 Kubikmeter Atommüll, der bis ins Jahr 1998 weiter angehäuft wurde. Im ehemaligen Salzbergwerk Asse II gibt es 200.000 Kubikmeter strahlenden Mülls, und wenn alle Reaktoren endlich abgerissen sind, kommen nochmals 200.000 Kubikmeter dazu. Ach ja, da wäre auch noch die Urananreicherungsanlage Gronau, die uns mit zusätzlichen 100.000 Kubikmetern Uranmülls beglücken wird.

In Asse II befindet sich vor allem schwach- und mittelradioaktiver Abfall

Asse II wurde einst kurzerhand zu einem Forschungsbergwerk umgewidmet. Von 1967 bis 1978 wurde dort nahezu der gesamte in Westdeutschland anfallende schwach- und mittelradioaktive Abfall untergebracht, sodass dort heute knapp 124.500 Fässer mit schwachradioaktiven Abfällen und fast 1.300 Fässer mit mittelradioaktiven Abfällen lagern. Deren Quellen sind Atomkraftwerke, Atomforschungszentren, die Atomindustrie, Atommüllsammelstellen sowie die Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe.

Die Eignung dieses Bergwerks für eine Einlagerung von Atommüll wurde nie geprüft Einige Fässer sind nachweislich korrodiert oder weisen Leckagen auf, wobei eine Vielzahl der Abfälle flüssig ist. Sogar circa 28 kg Plutonium sind dabei und mindestens 94 Fässer enthalten kugelförmige Brennelemente aus dem Versuchsreaktor AVR (Kernforschungszentrum Jülich).

Ganz schlecht für das Grundwasser

Die Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF) war der Betreiber von Asse II im Auftrag des Bundes und passte die Annahmebedingungen stets flexibel so an, dass diese gut mit dem angelieferten Atommüll übereinstimmten. In den Jahren 1969 und 1970 wurden die zulässigen Grenzwerte klar überschritten. Durch deren Heraufsetzen um 500 Prozent konnte das Problem schnell erledigt werden.

Ungefähr im Jahre 2009 wurde es dann amtlich: Seit 1988 dringen jeden Tag circa zwölf Kubikmeter Wasser in die Stollen ein. Dadurch entsteht unten im Bergwerk eine Salzlauge, die unter anderem mit radioaktivem Plutonium, Americium und Cäsium kontaminiert ist. Durch den Druck aus der Bevölkerung kam nun die Politik schwerfällig zu der Auffassung, dass der Atommüll dort so nicht verbleiben kann. Seit 2017 ist die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) Betreiber dieser havarierten Atommüllkippe und damit beauftragt, eine Rückholung der Fässer zu erledigen. Allerdings hat sie damit noch Zeit bis 2033. Die gut sechs Milliarden Euro dafür bezahlt natürlich die Allgemeinheit.

Könnte es etwa sein, dass Atommüll ungesund ist?

In der Zeit von 2002 bis 2009 erkrankten in der Samtgemeinde Asse dreimal so viele Menschen an Schilddrüsenkrebs und doppelt so viele an Leukämie, wie es die mittleren statistischen Erwartungswerte vorgeben.

Zwischenlager für hoch radioaktive Abfälle

In Abklingbecken der Atomkraftwerke lagern abgebrannte Brennelemente bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Oder die Brennelemente sowie die hoch radioaktiven Rückstände aus der Wiederaufarbeitung und der Abtrennung von Plutonium werden in Castor-Behältern eingepfercht.

Solche heißen, tonnenschweren Atommüll-Behälter befinden sich heute in 16 Zwischenlagern, die über die ganze Republik verteilt sind. In Neckarwestheim sind das oberflächennahe Stollen, ansonsten meistens oberirdische Betonhallen, alle mit großen Lüftungsschlitzen ausgestattet. Die Dichtheit der Behälter wurde gemäß Zulassung für immerhin 40 Jahre garantiert.

Gegen den Absturz eines Passagierflugzeugs oder gar gegen außer Rand und Band geratene moderne panzerbrechende Waffen sind solche Lagerstätten nicht gerüstet. Es gab in der Sache einen Rechtsstreit, woraufhin dem Zwischenlager Brunsbüttel die Genehmigung entzogen wurde. Dass die anderen Zwischenlagerhallen keinen Deut stabiler sind, dafür hat sich offenbar noch niemand interessiert.

Rache als Kriterium für eine Standortwahl

Die Entscheidung für das Endlager Gorleben, genauer für das „Nuklearzentrum“, im Jahre 1977 so dicht an der Grenze zur DDR durch den damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Carl Julius Albrecht war eine Art politische Rache für Morsleben. Ein atomrechtliches Genehmigungsverfahren gab es dafür nicht, somit auch keine Beteiligung der Öffentlichkeit. Das Deckgebirge über dem Salzstock Gorleben ist nicht dicht, obwohl dies schon damals eine Voraussetzung gewesen wäre. Gemäß StandAG darf Gorleben bei der Neuorientierung erst einmal nicht ausgeschlossen werden.

Auch bei der neuen Suche nach einem deutschen Atommüll-Endlager haben politische Interessen das größere Gewicht als wissenschaftliche Vernunft. Was ist damit gemeint?

  • Die Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt lediglich auf dem niedrigen Niveau von Information und Anhörung. Der Rechtsschutz für Betroffene ist von vorn herein von untergeordneter Bedeutung.
  • Die Öffentlichkeit wird immer erst dann informiert, wenn praktisch schon vollendete Tatsachen geschaffen worden sind. Die formal gewährten Reaktionszeiträume reichen in der Praxis nicht aus.
  • Das Standortauswahlgesetz sieht vor, dass der Atommüll-Lager-Standort bis 2031 vorliegen muss. Dies ist für ein Unterfangen dieser Tragweite ein ziemlich ambitionierter Zeithorizont.

Wiederaufarbeitung und Transmutation

Warum sollte man nicht den hoch radioaktiven Atommüll einfach wieder aufarbeiten? Wäre das nicht ein vorbildliches Recycling? Nein, denn in einer Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) wird die Menge des Atommülls sogar vervielfacht. Besonders problematisch ist dabei das in nahezu reiner Form anfallende Plutonium, das liebend gern von Hinz und Kunz für den Bau von Atombomben verwendet wird. Zum anderen fällt dabei eine hoch radioaktive, sich immer weiter selbst erhitzende, explosionsgefährdete „Atomsuppe“ an.

Verglichen mit La Hague ist die Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK) geradezu winzig. Dennoch sind dort fast 70 Kubikmeter Atommüll angefallen, deren Verglasung allein schon circa 2,6 Milliarden Euro verschlungen hat.

Die Wiederaufarbeitungsanlagen in Sellafield und La Hague verfrachten enorme Mengen an Radionukliden in die Luft und ins Wasser. Aus diesem Grunde dürfen die Brennelemente aus deutschen Atomkraftwerken seit 2005 nicht mehr in diese Wiederaufarbeitungsanlagen transportiert werden.

Die Transmutation bedeutet jetzt kein Themenwechsel hin zur Biologie. Es geht vielmehr um eine neue Nukleartechnologie, mit deren Hilfe Atommüll in weniger schädliche Stoffe umwandelt werden kann, also um eine Illusion, die den Wiedereinstieg in die Atomenergie beflügeln soll. Auf jeden Fall würden die riskanten Arbeitsprozesse enorme Energien verschlingen, wobei eine solche Anlage pro Jahr maximal circa 300 kg Atommüll verarbeiten könnte.

Da aber mehrere Hunderttausend Tonnen Atommüll vorliegen, kann jeder leicht abschätzen, dass uns dieser Job mindestens 100.000 Jahre lang beschäftigen würde.

Wenn Sie die Überschrift lesen, reiben Sie sich vermutlich die Augen, doch es stimmt: Die unerlaubte, höchst gefährliche (Fehl-)Bedienung eines Atomkraftwerks ist nicht sehr teuer. Die Staatsanwaltschaft Moosbach hat eine amtliche Hausnummer genannt: Es kostet 20.000 Euro.

Was ist geschehen?

Etwas aus Sicht von Fachleuten sehr Gefährliches: Die Betreiber des Kernkraftwerks Obrigheim haben dessen Betrieb fahrlässig und ungenehmigt über Jahre wesentlich geändert.

Technisch handelt es sich um die Funktionsfähigkeit einer vorgesehenen Sicherheitseinspeisung für Notkühlsysteme. Diese verhindert den GAU im ältesten deutschen AKW.

Sie funktionierte schon seit Jahren nicht mehr richtig, doch die verantwortlichen Betriebsleiter nahmen das hin.

Aus „verfahrenstechnischen Gründen“ erschien es ihnen zu aufwendig, die eingeschränkte Funktion:

  • zu melden und
  • zu beseitigen bzw. auf ihre Beseitigung zu drängen – auch wenn das mit einem Abschalten des Blocks (und somit einem hohen finanziellen Aufwand durch Produktionsausfall und Reparaturkosten) verbunden gewesen wäre.

Das ist ungefähr so, als ob Sie mit Ihrem Auto im Winter mit Sommerreifen fahren, weil Ihnen das Geld für den Wechsel fehlt. Motto: Wird schon nix passieren, wenn Sie nur recht vorsichtig unterwegs sind.

Keine strafrechtlichen Folgen

Die Sache wurde gemeldet und untersucht, es folgten Ermittlungen seitens der Staatsanwaltschaft.

Nach drei Jahren stellte schließlich die Anklagebehörde (Staatsanwaltschaft Moosbach) zwei laufende Verfahren wegen des “unerlaubten Betriebs von kerntechnischen Anlagen” gegen die Zahlung einer Geldbuße von 20.000 Euro ein. Zwei Verfahren waren angestrengt worden, weil in der Kontrollzentrale des AKW die Manager und Techniker gemeinschaftlich und damit doppelt versagt hatten.

Die Techniker wussten um diesen Zustand und hatten ihn den Managern gemeldet, sich aber nicht geweigert, die Anlage weiter zu bedienen. Auch waren sie nicht an die Staatsanwaltschaft herangetreten.

Die Manager haben auf ihrer Ebene auf ähnliche Weise versagt. Entdeckt worden war der technische Zustand nur, weil es ihn auch in anderen AKW gab.

Zuerst hatte man ihn im ebenfalls sehr alten AKW Philippsburg festgestellt, danach in anderen EnBW-Atomkraftwerken (was System vermuten lässt).

Überall wurden Ermittlungen eingeleitet, Strafverfahren aber wieder eingestellt. Das geschieht aus juristischer Sicht, um die Gerichte nicht zu überlasten, die Beschuldigten aber auch nicht freizusprechen.

Die Schuldfrage bleibt ungeklärt.

Ebenso wissen wir bis heute nicht, wie gefährlich der technisch mangelhafte Zustand eigentlich war. Wünschenswert wäre daher eine deutlich nachhaltigere juristische Aufarbeitung.

Beitragsbild: fotolia.com – Africa Studio

Er ist mehrere Tonnen schwer, besteht aus Stahl und Gusseisen und dient dem Transport ausgedienter Brennstäbe aus Atomkraftwerken oder hoch radioaktiver Stoffe aus Wiederaufbereitungsanlagen, die zuvor in Glas eingeschmolzen wurden und deren Bestimmungsort ein Atommüll-Zwischenlager ist, wobei über die Dauer beziehungsweise zeitliche Begrenzung einer solchen Zwischenlagerung niemand befunden hat.

Großeinsatz von Polizeikräften bei jedem Transport garantiert
Die einführenden Worte geben genug Anlass für massive Protestaktionen von Atomkraftgegnern, die solche Transporte nicht einfach so hinnehmen wollen. In der Folge sind jedes Mal Tausende Polizisten zur Sicherung dieser Behälter im Einsatz. Die Kosten dafür betragen fast regelmäßig mehrere Millionen Euro. Zum Beispiel wurden im März 1997 sechs solcher Castor-Behälter zum Zwischenlager bei Gorleben transportiert, was den Steuern zahlenden Menschen in Deutschland circa 56 Millionen Euro kostete. Rund 30.000 Polizisten waren dafür im Einsatz.

Castor ist eine Marke

Der Name wurde mit Bedacht gewählt, denn er steht für „Cask for Storage and Transport of Radioactive Material“. Übersetzt bedeutet dies in etwa „Behälter zur Lagerung (Speicherung) und zum Transport radioaktiven Materials“. Die Castoren werden durch die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) herstellt, wobei der Name markenrechtlich geschützt wurde.

Der zylinderförmige Basiskörper besteht aus Sphäroguss, das ist ein spezielles Gusseisen mit Kugelgraphit. Zwischen den zwei Verschlussdeckeln befindet sich leicht-flüchtiges Gas, damit jegliche Undichtigkeit sofort erkannt werden kann.

Es gibt mehrere Castor-Typen. Der V19 hat beispielsweise bei einer Wandstärke von 42 Zentimetern einen Durchmesser von 2,5 Metern und ist sechs Meter lang. Er kann maximal 19 ausgediente Brennelemente aufnehmen. Voll beladen wiegt er circa 126 Tonnen.
Die Brennelemente, die darin gelagert werden, sind 400 bis 500 Grad heiß. Deshalb sind die Behälter mit Kühlrippen ausgestattet. Auf diese Weise ist dafür gesorgt, dass die Temperatur an ihrer Oberfläche die 85-Grad-Marke nicht übersteigt. Sogenannte Moderatorenstäbe in den Behälterwänden dienen der Ausbremsung von Gamma- und Neutronenstrahlung.

Die Castoren des Typs HAW 20/28 CG dienen der Überführung von Atommüll, der von der Wiederaufbereitungsanlage La Hague aus Frankreich zu uns kommt. Die Abkürzung HAW steht für „High Active Waste” (hochaktiver Abfall). Durch die dortige Wiederaufbereitung unserer alten Brennstäbe entsteht radioaktiver Müll, der mit Glas verschmolzen wird und dann in solche Stahlzylinder kommt. Die Zahlen 20/28 bedeuten, dass entweder 20 oder 28 Glaskokillen im Castor-Behälter untergebracht werden können.

Crashtests sind Pflicht

Jeder Castor-Typ wird im Rahmen eines Zulassungsverfahrens durch die Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM) auf Herz und Nieren getestet. Dabei geht es vor allem darum, die meisten möglichen Situationen bei Transportunfällen zu simulieren. Die Wichtigsten sind Feuer- und Sturzprüfungen wie der Aufprall auf ein Betonfundament aus neun Metern Höhe. Atomkraftgegnern reichen derartige Tests aber bei Weitem nicht aus, da beispielsweise gezielte terroristische Anschläge nicht ausgeschlossen werden können.

Wo werden die beladenen Castoren gelagert?

Die zentralen deutschen Zwischenlager befinden sich bei Ahaus (Nordrhein-Westfalen), Gorleben (Niedersachsen) und Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern). Alle Brennelemente, die einer Endlagerung zugeführt werden sollen, müssen zunächst bis zu 40 Jahre oberirdisch gelagert werden, um so weit herunter zu kühlen, dass sie überhaupt in einem Endlager eingelagert werden können.

Das Zwischenlager bei Ahaus hat eine Kapazität von 4.200 Tonnen. Bis ins Jahr 1995 wurden dort 305 Behälter gelagert, wozu 57 Castor-Transporte nötig waren. Im gleichen Jahr fingen die Lieferungen nach Gorleben überhaupt erst an, obwohl das Lager dort bereits 1983 fertiggestellt worden war.

Ein Grund der enormen Verzögerungen waren langwierige atomrechtliche Verhandlungen zwischen dem Bund und der niedersächsischen Landesregierung. Im November 2002 wurden zwölf Castor-Behälter nach Gorleben gebracht. Zu diesem Zeitpunkt waren erst 32 Stellplätze von insgesamt 420, die eine maximale Kapazität von 3.800 Tonnen Atommüll darstellen, belegt.

„Wir stellen uns quer“

Die ländliche Bevölkerung im Wendland (Landkreis Lüchow-Dannenberg) war alles andere als amüsiert über die beschlossene Verstrahlung ihrer Heimat so dicht am ehemaligen Eisernen Vorhang.

Noch heute trifft man im Wendland ab und an auf jene gelben Holzkreuze, die das Querstellen der Anwohner symbolisieren sollten. In der Zeit von Mai 1998 bis Januar 2000 waren die Castor-Transporte verboten als Folge einer Veröffentlichung, die über „radioaktive Verunreinigungen“ berichtete, die schon seit Mitte der 1980er-Jahre im Bereich der Behälter, der Lkws und der Waggons festgestellt worden waren. Dabei war der zulässige Grenzwert von 4 Bq (Becquerel) immer wieder weit überschritten worden. Einzelne „Hotspots” erreichten sogar bis zu 100.000 Bq.

Im Jahre 2005 wurde das Atomgesetz novelliert. Demnach ist nun der Transport abgebrannter Brennstäbe zur Wiederaufbereitung verboten. Erlaubt sind aber Castor-Transporte, die anderswo schon aufbereiteten Atommüll nach Deutschland zurückführen.

Um die zentralen Zwischenlager zu entlasten und gewiss auch, um dem ständigen Unmut der Bürgerinnen und Bürger zu entkommen, wurden die Kernkraftwerksbetreiber per Atomgesetz von 2002 verpflichtet, (eigene) Zwischenlager in unmittelbarer Nähe der Atomkraftwerke, meistens sogar auf dem firmeneigenen Gelände, zu errichten.

Die erste Genehmigung für ein derartiges dezentrales Zwischenlager ging im November 2002 an das Kernkraftwerk Emsland in Lingen und schon einen Monat später erhielt das Kraftwerk Grohnde eine solche Erlaubnis. Heute gibt es inzwischen zwölf Zwischenlager neben den Atomkraftwerken. Mit einer weiteren Genehmigung ist in Bälde zu rechnen.

Bedeutet dies das Ende des jahrzehntelangen Atommüll-Konflikts?

Im Jahre 2017 wurde das Standortauswahlgesetz (StandAG) verabschiedet. Damit wollte man sozusagen vorrücken auf LOS und einen totalen Neuanfang machen, weil unter anderem eine Endlagerung im Salzstock Gorleben gegen den Widerstand der Bevölkerung auch juristisch immer aussichtsloser geworden ist.

Gesucht werden soll damit nach einem verantwortbaren Standort für eine dauerhafte Lagerung hoch radioaktiver Abfälle, der über so dichte geologische Barrieren verfügt, dass der Austritt von Strahlung in die Umwelt nach dem Stand der Wissenschaft mindestens eine Million Jahre lang sicher ausgeschlossen werden kann.

Es ist allen Beteiligten völlig klar, dass die Endlagerung des Atommülls am Ende sehr viel mehr kosten wird als jene 24 Milliarden Euro, die die Kraftwerksbetreiber dafür in einen staatlichen Fonds eingezahlt haben. Da wir wohl heute schon davon ausgehen können, dass sich die Betreiber mit Händen und Füßen gegen ein Nachschießen von Geld wehren werden, wird am Ende wieder der Steuerzahler die Melkkuh der Nation sein.

Castortransporte sind auch wegen der verwendeten Castorbehälter unsicher. Diese wurden nie nach den international geltenden Richtlinien für radioaktives Gefahrengut getestet.

„Aussagen“ zu Castorbehältern und die „Realität“

Die Atomindustrie preist die Sicherheit der verwendeten Castorbehälter in Hochglanzbroschüren.

Dort heißt es sinngemäß, dass keine Verpackung so nachhaltig getestet worden sei: und zwar auf ihr einwandfreies Funktionieren unter extremsten Bedingungen. Doch das stimmt angeblich nicht so…

Von den derzeit eingesetzten Behältertypen:

  • HAW 20/28,
  • Castor V/19 und
  • Castor V/52

wurde angeblich keiner jemals gemäß den IAEA-Sicherheitsanforderungen in realistischen Experimenten getestet.

Diese Aussage trifft das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz.

Es handelt sich um Behälter, die nach 1982 entwickelt wurden. Der Hintergrund: Die BAM (Bundesanstalt für Materialforschung), die dem Bundeswirtschaftsministerium untersteht, lehnt die nötigen Experimente auf Belastbarkeit mit dem Verweis auf zu hohe Kosten ab.

Sogenannte „Sicherheitsnachweise“ wurden bislang ausschließlich per Modellrechnung am Computer durchgeführt. Inzwischen wurden mehrere Pannen mit Castorbehältern bekannt.

Das wurde sogar dem zwischen 2016 und 2018 amtierenden BfS-Präsidenten Wolfram König zu viel. Seine Forderung: Es sollten Fall- und Eintauchversuche sowie Erhitzungsprüfungen an Castorbehältern durchgeführt werden.

Damit konnte sich König leider nicht durchsetzen. Vielleicht hat seine Nachfolgerin Dr. Inge Paulini mehr Glück.

Wieso kann die Atomindustrie dann die Behauptung “zuverlässiger Tests” kommunizieren?

Diese Behauptung ist eine Lüge. Es gibt angebliche Beweise, die experimentelle Sicherheitstests belegen sollen. Sie werden in Broschüren und Filmen der Öffentlichkeit präsentiert.

Diese vermeintlichen Belege sind schlichte Fälschungen. Die dort gezeigten Behälter sind andere als die für deutsche Castortransporte verwendeten Behälter. Das bestätigen ausländische Behörden wie die NRC (US-amerikanische Atomaufsichtsbehörde).

Diese vertraut den deutschen Castorbehältern nicht. Das erschließt sich für die amerikanischen Kontrolleure allein schon aus dem Material der Behälter:

Es handelt sich dabei um Gusseisen mit einem Kugelgrafitanteil, eine kostengünstige Variante. In anderen Staaten jedoch verwendet man grundsätzlich Edelstahlbehälter. Die mechanischen Eigenschaften von Edelstahl sind denen von Gusseisen deutlich überlegen.

Pfusch an den Behältern

Im Jahr 1999 wurde an deutschen Castorbehältern ein schwerwiegender Konstruktionsfehler bekannt.

In den Behältern sitzen sogenannte Moderatorstäbe aus Polyäthylen in Bohrungen, die zu gering bemessen waren, um einer möglichen Temperaturausdehnung der Moderatorstäbe genügend Raum zu geben (siehe: castor.de/technik/transport/castor/fehlkonstr.html).

Diese Stäbe dienen der Neutronenabschirmung. Der Fehler wurde vertuscht, doch Experten gehen davon aus, dass unter Umständen die Strahlungsbelastung durch Neutronen im Umfeld der Castorbehälter den zulässigen Grenzwert um das 60-Fache übersteigt.

Dieses Detail beweist, wie risikoreich ein Atommülltränsport in deutschen Castorbehältern ist. Dass deutsche Behörden den Pfusch decken (selbst der TÜV, der die Bohrungen aus seinen Prüfungen ausnahm), lässt die Alarmglocken schrillen.

Gegen Castortransporte wird immer wieder auf spektakuläre Weise protestiert. Die Atomwirtschaft versuchte in den vergangenen Jahren, den Demonstranten auf trickreiche Weise auszuweichen.

Protest gegen Castortransport im Herbst 2017

Als EnBW 2017 Atommüll per Castor auf dem Neckar transportieren ließ, ketteten sich Atomkraftgegner an eine Brücke, auch in den Fluss stiegen sie. Vier Aktivisten setzten sich in Neoprenanzügen dem kalten Wasser aus, fünf weitere waren an eine Brücke angekettet. Die Vorbereitungen basierten auf Erkenntnissen früherer Flusstransporte des sogenannten Castor-Schubverbands. Schon den ersten konnten Aktivisten für eine Stunde blockieren, indem sie sich relativ riskant von einer Brücke abseilten.

Die Polizei setzte dann 2017 Boote für die Begleitung des Transports auf dem Neckar ein, auch ein Hubschrauber und Einsatzkräfte am Ufer überwachten die Castor-Schiffe. Die Schwimmer wurden aus dem Wasser gezogen.

Es habe durch den Protest zu keiner Zeit eine Gefahr für den Schubverband bestanden, hieß es anschließend aus Polizeikreisen. Das Schiff brachte wie geplant ausgediente Brennelemente des stillgelegten Atomkraftwerkes Obrigheim über eine Strecke von rund fünfzig Kilometern ins Zwischenlager Neckarwestheim.

Geheimtransporte von Castorbehältern

Für die nachfolgend geplanten Castortransporte teilte EnBW im Vorfeld keinerlei Termine und Strecken mehr mit. Es verwies auf Sicherheitsbestimmungen.

Von Obrigheim, wo kein Zwischenlager entstehen soll, müssen insgesamt 342 ausgediente Brennelemente ins Lager Neckarwestheim gebracht werden. Die Atomkraftgegner verweisen auf das Risiko des Transports per Schiff.

Der Umgang mit dem Atommüll sei “konzept- und verantwortungslos”, kritisieren die Demonstranten, darunter die Umweltschutzorganisation Robin Wood.

EnBW lasse die Bevölkerung Probleme mit dem Atommüll ausbaden. Das bestätigen Anwohner mit eigenen Maßnahmen: So hatte die Gemeinde Neckarwestheim auf juristischem Weg versucht, die Castor-Beförderung zu stoppen.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg genehmigte sie jedoch. Inzwischen werden die Transporte so geheim vorbereitet, dass nur noch wenige Menschen davon für einen Protest Kenntnis erlangen.

Das Katz-und-Maus-Spiel wird sich noch bis mindestens 2022 fortsetzen, denn bis zu diesem Jahr sind noch deutsche Atomkraftwerke in Betrieb (Stand Mai 2019: noch sieben Kraftwerke).

Auch danach dürfte es noch Probleme mit dem Atommüll geben. Verantwortlichen Unternehmen und Behörden halten dessen Transporte inzwischen weitgehend geheim, doch nach geltender Rechtslage sind die Informationen durch Anfragen an die Landesregierungen zugänglich.

Solche Anfragen stellen Umweltverbände wie etwa Robin Wood – und organisieren anschließend öffentlichkeitswirksam die Protestaktionen.

Die Initiative „Schwarze Katze“ aus dem Sauerland setzt sich dafür ein, mehr Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt in der Gesellschaft zu erreichen.

Dafür verbreiten sie über diverse Medien, wie selbst publizierte Zeitungen, Bücher, Fotos sowie Berichte oder Radiosender ihre Inhalte. Außerdem organisieren sie Veranstaltungen, darunter insbesondere Protestaktionen, Bücherstände und Bildungsabende. Ihr Ziel dabei ist, sich kritisch mit Globalisierung, Umweltschutz und Gesellschaft auseinander zu setzen.

Zudem streben sie eine diverse Gesellschaftsstruktur ohne Sexismus, Rassismus, Militarismus, Faschismus und Unterdrückung an. Sie werben damit, sich für die Befreiung aller Menschen und Tiere einzusetzen.

In diesem Zuge findet man die „Schwarze Katze“ immer wieder im Netz oder auf Demonstrationen wie Fridays for future, Kundgebungen gegen Faschismus oder Anti-Atom-Mahnwachen vertreten.

Aktiv gegen Atomkraft

Besonders aktiv ist das Projekt der „Schwarzen Katze“, das sich gegen Atomkraft einsetzt. Dabei geht es um eine rigorose Ablehnung aller Kernkraftindustrie.

Als Grund hierfür nennt die Initiative diverse Aspekte: Zum einen berge Atomkraft ihrer Meinung nach eine große Gefahr bezüglich eines Atomkriegs, da es leicht sei, die Kernenergie zu zweckentfremden und als Waffe einzusetzen.

Zusätzlich generiere allein der Besitz bereits hohes Konfliktpotential zwischen diversen Staaten. Des Weiteren stufen sie Atomenergie als potenziell gefährlich ein, weil die Folgen nuklearer Katastrophen, wie beispielsweise in Tschernobyl und Fukushima, weitreichend und unkontrollierbar seien. Damit hinge auch der Aspekt des menschlichen Versagens zusammen.

Denn die „Schwarze Katze“ ist der Meinung, dass die Kraft der Atomenergie das menschliche Vermögen weit übersteige und somit weder beherrschbar noch einsetzbar sei. Schließlich positioniert die Initiative sich klar gegen Kernenergie, weil damit starke Kontaminationen der natürlichen Ressourcen einhergingen, die langfristige negative Folgen für Umwelt, Mensch und Tier hätten.

Zusätzlich zum Atomausstieg haben sie dabei sowohl den Atomtransport als auch die Endlagerung des Atommülls im Blick.

Aktiv für Frieden

Zusammengefasst setzt das Antiatom-Projekt der „Schwarzen Katze“ sich für den Frieden ein. Als Grund hierfür nennen sie die globale Situation andauernder Kriege und terroristischer Bedrohungen, die durch Atomkraft bekräftigt werden würden.

Diese führten durch „imperialistische Staatenführung“ letztendlich zur Schädigung oder Flucht der Bevölkerung. Deshalb positionieren sie sich klar gegen die Kriegsindustrie und die damit zusammenhängende Kernkraftindustrie.

Dabei haben sie eine internationale Solidarität im Blick, die zu einer Gesellschaft in gegenseitiger Hilfe sowie ohne Krieg führen soll. Aus diesem Grund nahm die Initiative bereits an verschiedene Mahnwachen und Demonstrationen gegen Atomkraft teil.

Zusätzlich organisierten sie ein Anti-Atom-Aktions-Sommercamp, das durch Bildungsvorträge, Workshops, Kampagneplanungen und Vernetzungsveranstaltungen geprägt war.

Außerdem ist das Antiatom-Projekt der „Schwarzen Katze“ am internationalen „Nuclear Heritage Network“ beteiligt, das unterschiedliche Projekte und Regionalgruppen weltweit vernetzt und zum Austausch anregt.

 

Dieser Beitrag wurde im Februar 2021 erstellt.

An der Nutzung von Atomkraft zur Energiegewinnung oder in Waffentechnologie scheiden sich die Geister. Die Einen betrachten Atomenergie als Segen beim Umstieg auf emissionsarmen Stromgewinn, Kernwaffen als Notwendigkeit in einer gefährlichen Welt.

Die Anderen sehen die Unsicherheit beim Betrieb von Kernkraftwerken und der Lagerung strahlenden Abfalls sowie die Gefahren eines atomaren Wettrüstens.

Schlagen die Vorteile die Risiken der Nutzung oder ist es umgekehrt?

Trügerische Sicherheit durch Atomwaffen

„Gleichgewicht des Schreckens“, nennt sich die Theorie, mit der Supermächte in der Vergangenheit ihr ständig wachsendes Atomarsenal begründet haben. Damit ist gemeint, dass ein atomarer Erstschlag allein dadurch vermieden wird, dass er zu Selbstvernichtung führen würde.

Die Angst vor einem nuklearen Holocaust soll eben diesen verhindern, indem alle Akteure die Möglichkeit hätten, ihren jeweiligen Gegner vollständig zu vernichten. Dass diese Spielart des Friedens eine wackelige und gefährliche Balance beinhaltet, ist kein Geheimnis. Aber wie wahrscheinlich ist es wirklich, dass eine einmal hergestellte Waffe nie benutzt wird?

Selbst die beteiligten Wissenschaftler glaubten, dass allein die Existenz der Bombe ausreiche, um eine Nutzung zu verhindern – und sie haben sich geirrt.

Damit eine Nutzung der Bombe ausgeschlossen wäre, benötigte jede Atommacht zu jeder Zeit absolute Kenntnis, Kontrolle und Vernunft – Irrtümer, Versehen, technisches Versagen, Größenwahn, Alleingänge müssen ausgeschlossen sein. Ist das auf lange Sicht realistisch?

Die Diktatur in Nordkorea, die chaotischen Verhältnisse in den USA, die Unruhen zwischen Pakistan und Indien beweisen schon jetzt, dass dem nicht so ist.

Auch in Zukunft wird es politische Umwälzungen und Regierungswechsel geben – jede einzelne der mehr als 14.000 Atomwaffen lässt diese Veränderungen zu einer globalen Gefahr werden.

Risiken durch Naturkatastrophen

Kernkraftwerke sind gegen viele Naturkatastrophen gut geschützt – aber nicht gegen alle. Und noch weniger gefeit sind sie gegen menschliches und technisches Versagen.

So groß die Sicherheitsmaßnahmen auch sein mögen: die Unglücke in Tschernobyl 1986 und Fukushima 2011 zeigen deutlich, dass 100%ige Sicherheit nie garantiert werden kann. Natürlich können auch andere Strukturen zur Energieerzeugung havarieren – Kohlekraftwerke können in Brand geraten, Windräder umstürzen –, aber keine dieser Katastrophen hätte ähnlich gravierende und langwierige Folgen.

Insgesamt ist die Sicherheit im Fall von Naturkatastrophen sehr unterschiedlich. So gilt beispielsweise der Reaktorkomplex Kashiwazaki in Japan als sehr erdbebensicher, das französische Kraftwerk Fessenheim hingegen als wenig stabil. Dass ein Kraftwerk ein Erdbeben der Stärke acht oder höher überstehen würde, ist unwahrscheinlich. Beben dieser Stärke sind zwar zumindest in Deutschland statistisch ausgesprochen unwahrscheinlich – aber eben nicht unmöglich.

Ähnlich sieht das Sicherheitsrisiko bei schweren Überschwemmungen aus. Noch schlechter stehen die Chancen beispielsweise bei einem Flugzeugabsturz oder einem Meteoriteneinschlag. Auch das sind extrem seltene Ereignisse, besonders auf den exakten Standort eines Kraftwerks bezogen. Aber auch ein Lottogewinn ist unwahrscheinlich – und irgendjemand gewinnt trotzdem. Zudem bleibt zu bedenken, dass zurzeit ganze 446 Reaktoren weltweit betrieben werden.

Ein Problem stellt dabei auch der Klimawandel dar: Die Schätzungen zur Häufigkeit und Intensität einiger Wetterkatastrophen wie Überschwemmungen, Stürmen oder extremem Schneefall beruhen auf Daten und Erfahrungen der Vergangenheit. Diese Extremwetter könnten jedoch durch den Klimawandel wesentlich öfter und in größerer Stärke auftreten.

Das entscheidende Argument: Atommüll für die Ewigkeit

Was für die laufenden Atomkraftwerke gilt, gilt in noch höherem Maße für den anfallenden radioaktiven Müll. Denn auch jedes Zwischen- und Endlager unterliegt denselben Problemen und Gefahren – nur viel länger. Kaum überraschend genügen die heutigen Lösungen nicht, noch weniger kann von einer dauerhaften Unterbringung die Rede sein. Und dauerhaft bedeutet eine Million Jahre oder länger. Denn so lange geben einzelne Elemente noch gesundheitsgefährdenden Strahlendosen ab.

Bisherige Lösungen wie Bergwerkschächte oder die Lagerung unter Wasser erwiesen sich aufgrund enger Vorgaben für das Gestein und möglicher Korrosion als unzureichend. Stattdessen werden radioaktive Abwässer nach wie vor ins Meer eingeleitet. Auch früher dort verklappter Atommüll könnte jederzeit zu neuen Belastungen führen. Neuere Abfälle stapeln sich entweder in Zwischenlagern oder werden ins Ausland verbracht, um dort unter freiem Himmel aufbewahrt zu werden – etwas, das in Europa verboten ist. Andere Methoden der Entsorgung sind zu gefährlich, wie das Einfrieren in der Arktis, oder zu teuer, wie das Abschießen des Mülls ins All.

Neben der Langzeitgefahr sind auch die Langzeitkosten kaum zu überblicken. Zwar haben die großen Energieunternehmen Rücklagen gebildet, die für die Lagerung des radioaktiven Abfalls aufgewendet werden sollen. Doch es ist bereits absehbar, dass diese Summe nicht einmal einen Bruchteil der tatsächlichen Kosten decken wird – schon gar nicht über einen derart langen Zeitraum.

Denn wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen überhaupt so lange existiert?

Das strahlende Erbe jedoch wird es. Tatsächlich haben sich die vier größten deutschen Energiekonzerne lediglich zur Zahlung von 24 Milliarden Euro bereit erklärt – alle weiteren Kosten trägt der Staat.

Das Verursacherprinzip wird damit ad absurdum geführt. Nun ließe sich vermuten, dass es nun, da Atomkraftwerke in Betrieb sind und ohnehin radioaktiver Abfall anfällt, gleichgültig sei, wie lange diese noch laufen. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass jedes Jahr ca. 12.000 Tonnen neues hochstrahlendes Material entstehen – das ist mehr als das gesamte Gewicht des Eiffelturms.

Daher spielt jedes weitere Jahr der Atomkraftnutzung eine Rolle. Je schneller der Ausstieg beginnt, desto wahrscheinlicher ist es, eine realisier- und finanzierbare Lösung für die radioaktiven Reste zu finden.